Die Zukunft der Büroimmobilien: Herausforderungen und Chancen in einem sich wandelnden Markt

06.11.2024

Autor

Bernd Haggenmüller

Bernd Haggenmüller

Senior Managing Director Real Estate

Ardian Germany GmbH

Blogbeitrag

Die Büroimmobilienlandschaft in Deutschland steht vor einer bedeutenden Transformation. Laut einer aktuellen Studie von Colliers, PwC und Garbe befinden sich etwa 75 Millionen Quadratmeter Bürofläche in deutschen A- und B-Städten in einer kritischen Lage. Ohne signifi­kante Investitionen in die Gebäudequalität sowie Maß­nahmen zur CO2­Reduzierung droht ein erheblicher Teil dieser Flächen zu sogenannten "stranded Assets" zu werden – Immobilien, die ihre Vermietbarkeit und damit ihren Marktwert verlieren.

Die Ursachen: Flexibilität und veränderte Arbeitswelten

Die besagte Studie geht davon aus, dass etwa ein Drittel der Büroflächen aufgrund hybrider Arbeitsmodelle redundant werden. Insbesondere in den zentralen und gut angebundenen A­ und B­Städten wird dieser Trend deutlich spürbar. Eine Lösung für die sinkende Nachfrage ist die Umnut­zung dieser Flächen. So schlägt die Studie vor, einen Teil der Bürogebäude in Wohnfläche oder für den stark wachsenden Bereich der Life­Science­Industrie umzu­wandeln. Für mehr als 50 Millionen Quadratmeter Büro­fläche gibt es aber auch weiterhin einen Bedarf, so die Autoren. Dies zeigt, dass trotz aller Veränderungen der Büroimmobilienmarkt keineswegs obsolet ist – vielmehr befindet er sich im Wandel.

Herausforderungen für Neubauten und Revitalisierungen

Durch steigende Baukosten und die Zinswende sind selbst in A­Lagen viele Neubauprojekte und Revitali­sierungen, insbesondere im Bürosegment, ins Stocken geraten. Die Bauwirtschaft leidet unter hohen Regu­lierungen und den enormen Kosten, die mit modernen Bauprojekten einhergehen. Dies betrifft sowohl neue, als auch bestehende Büroflächen, die dringend revitalisiert werden müssten, um den zukünftigen Anforderungen an Nachhaltigkeit und Energieeffizienz zu genügen.

"Flight to Quality" und steigende Mietpreise

Ein Phänomen, das den Markt in den kommenden Jahren prägen wird, ist der sogenannte "Flight to Quality": Hochwertige Büroprojekte, die modernste Ausstattung, Nachhaltigkeit und eine zentrale Lage bieten, werden im­mer knapper. Da die Nachfrage nach solchen Premium­flächen hoch bleibt, prognostizieren Marktteilnehmer einen weiteren Anstieg der Mietpreise im Spitzenseg­ment. In zentralen Lagen deutscher Metropolen werden Mieten von 40 Euro pro Quadratmeter und mehr immer häufiger Realität.
Allerdings ist dieser Trend nicht für alle Büronutzer rele­vant. Das Gros der Unternehmen wird sich weiterhin in einem moderateren Preissegment bewegen. Die Mehr­heit der Büroflächen in deutschen Immobilienhochbur­gen liegt weit unter den Spitzenmieten. Hier stellt sich die Frage: Wie lässt sich die anhaltende Nachfrage in diesem mittleren Preissegment decken?

Optionen für die Deckung der Nachfrage

Es gibt verschiedene Ansätze, um die Büroflächennach­ frage in diesem schwierigen Marktumfeld zu befriedigen:

1. Günstige Mieten in „stranded Assets“:

Unternehmen könnten von niedrigeren Mieten in älteren oder nicht revitalisierten Bürogebäuden profitieren. Dies könnte vor allem für nicht­regulierte Investoren eine Chance sein, in solche "stranded Assets" zu investieren und sie für ein preissensibles Mieterklientel zu positionieren.

2. Akzeptanz steigender Mieten in B- und Nebenlagen: 

Eine zweite Möglichkeit wäre, dass Mieter auch in we­niger zentralen Lagen höhere Mieten akzeptieren. Doch angesichts der wirtschaftlichen Aussichten in Deutsch­land scheint dies eher unwahrscheinlich.

3. Sinkende Zinsen und steigende Bewertungen:  

Eine mittelfristige Entspannung könnte durch sinkende Zinsen eintreten. Dies würde die Bewertungen von Immo­bilien wieder steigen lassen, auch in B­Lagen. Höhere Be­wertungen wiederum könnten eine wirtschaftliche Grund­lage für Investitionen in die Nachhaltigkeit ermöglichen.

4. Deregulierung und technischer Fortschritt:

Eine weitere Möglichkeit wäre eine Deregulierung im Bauwesen, die kostengünstigere Revitalisierungen erlauben würde. In Kombination mit technischem Fort­schritt könnten so Büroflächen auch in B­Lagen wieder baulich aufgewertet werden ­ ohne explodierende Miet­preise Fokus auf Revitalisierung und Flexibilität.

Fazit

Am wahrscheinlichsten ist eine Kombination dieser Ansätze: Günstigere Flächen in älteren Gebäuden könnten für kostenbewusste Unternehmen attraktiv werden, während technologische Fortschritte und neue Finanzierungsmodelle Perspektiven für Investitionen in Nachhaltigkeit eröffnen. Die Revitalisierung bestehender Büroimmobilien, bietet Investoren nach wie vor attraktive Renditechancen. Institutionelle Investoren werden sich jedoch weiterhin auf hochwertige Büroprojekte in besten Lagen konzentrieren, die den Anforderungen an Nachhal­tigkeit und Energieeffizienz gerecht werden, da hier die Renditechancen am vielversprechendsten sind. Doch auch außerhalb des Spitzensegments werden sich Lösungen finden müssen. Kurzfristig bleibt das „Brot-und­Butter­Geschäft“ mit Büroimmobilien zwar herausfordernd, aber der Markt wird sich neu ordnen. Langfristig können Büroimmobilien wieder an Wert gewinnen, ein Potenzial, das es zu nutzen gilt.

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