
Sanierung oder Sanktion? ESG als Hebel im Gebäudebestand
Autor
Daniel Schreiner

Blogbeitrag
Sanierung oder Sanktion? ESG als Hebel im Gebäudebestand
Wie Asset Manager zwischen CO₂-Kosten, ESG-Vorgaben und Digitalisierung navigieren müssen und warum energetische Sanierungen längst ein strategisches Steuerungsinstrument sind.
Asset Manager stehen angesichts des regulatorischen Drucks zur Dekarbonisierung im Gebäudesektor an einer Wegscheide. EPBD, CSRD und EU-Taxonomie erfordern eine belastbare ESG-Strategie als verlässliche Steuerungsgröße, um finanzielle Risiken durch steigende CO₂-Kosten und volatile Förderkulissen zu vermeiden. Darüber hinaus beeinflusst der steigende Beratungsbedarf die Reputation im Immobilienmanagement.
CO₂-Kosten als Renditerisiko
Besonders sichtbar wird das am Beispiel der CO₂-Bepreisung: Seit 2023 dürfen die Betriebskosten nicht mehr ohne Weiteres an Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden. Wer ein energetisch ineffizientes Gebäudebesitzt, trägt als Eigentümer bis zu 95 % der CO₂-Abgaben selbst – mit einer dramatisch steigenden Kostenkurve. Mit der Einführung des Emissions handels für den Gebäudesektor (ETS-2) ab 2027 rechnet das Berliner Climate-Tech Purpose Green mit einem dynamischen Anstieg der Zertifikatspreise. In einer im Mai 2025 erschienenen Datenanalyse gehen die Experten von Preis steigerungen im Worst-Case- Szenario von über 600 % aus. Bereits ein moderater Preisanstieg auf rund 150 Euro pro Tonne CO₂ (von 55 Euro im Jahr 2025) würde bedeuten, dass sich die CO₂-Kosten pro Quadratmeter Wohnfläche für energieineffiziente Gebäude nahezu verdreifachen. Damit wird die CO₂-Bepreisung zunehmend zu einem Risiko für die Objektbewertung – insbesondere bei Beständen mit Öl- oder Gasheizung, deren energetischer Status unterhalb der Energieeffizienzklasse D liegt.
Sanieren lohnt sich – auch wirtschaftlich
Gleichzeitig offenbaren Sanierungen ihr strategisches Potenzial. In der Abwägung zwischen Neubau und Bestandserhalt haben energetische Modernisierungen nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorzüge. So zeigen aktuelle Fallstudien Wertsteigerungen von bis zu 30 %, vor allem im urbanen Umfeld. Neben der Anpassung des Mietpreises durch umfassende Effizienzmaßnahmen lassen sich die Betriebskosten um bis zu ein Drittel senken. Besonders eindrucksvoll ist der CO₂-Effekt: In der Praxis können Sanierungen die Emissionen gegenüber dem Ausgangszustand im Schnitt um bis zu 75 % reduzieren – mit positiver Wirkung auf ESG-Ratings, GRESB-Scores und Investor Relations.
Ohne Daten keine Strategie
Zahlreiche Bestandshalter verfügen nicht über aktuelle, digital strukturierte Gebäudedaten, etwa zu Energieverbräuchen, Energieausweisen, Sanierungsverläufen oder potenziellen Fördermitteln. Diese Defizite erschweren datenbasierte Entscheidungen auf Objekt- wie Portfolioebene erheblich. Die Folge sind Planungsunsicherheit, Projektverzögerungen und ein erhöhtes Risiko, Förderfristen zu verpassen. Darüber hinaus beeinträchtigt die unzureichende Datenqualität die ESG- Berichterstattung und erschwert die Einhaltung von EU-Taxonomie-Vorgaben sowie die operative Steuerung auf Managementebene. Wer Bestandsdaten nicht konsistent digitalisiert und analysierbar macht, gefährdet nicht nur die Nachhaltigkeitskonformität, sondern auch die strategische Handlungsfähigkeit des Immobilienportfolios.
Digital planen – gezielt umsetzen
Genau an dieser Stelle setzt ein digitaler Paradigmenwechsel an. Plattformen wie beispielsweise das Green+ Portal von Purpose Green ermöglichen, objektbezogene ESG-Daten in strukturierter Form zentral zu erfassen, auszuwerten und strategisch zu nutzen. Mit Hilfe solcher Tools kann in kürzester Zeit z. B. eine Ersteinschätzung zur energetischen Performance eines Objekts – inklusive CO₂-Kostenprognose, Potenzialanalyse, Sanierungsoptionen und Fördermöglichkeiten erfolgen. Damit lassen sich datenbasierte Entscheidungen für Einzelobjekte und Portfolios treffen, die ESG-Ziele mit ökonomischer Vernunft in Einklang bringen. Die modulare Architektur derartiger SaaS-Lösungen erlaubt eine integrierte Sanierungsplanung von der Maßnahmenkonzeption bis zur Fördermittel- und Return on Investment-Analyse in einem einzigen System.
Beispiele aus der Praxis
Die Erfahrung aus der praktischen Umsetzung zeigt, dass sich auch ambitionierte ESG-Ziele wirtschaftlich tragfähig realisieren lassen. In einem beispielhaften Portfolio-Projekt konnte bei einem typischen Mehrfamilienhaus mit rund 100 Wohneinheiten eine jährliche CO₂-Einsparung von über 260 Tonnen erzielt werden – bei gleichzeitiger Senkung der Heizkosten um 25 % und einem spürbaren Anstieg des Marktwerts. Der gesamte Sanierungsprozess, inklusive Planung, wurde innerhalb von zwölf Monaten abgeschlossen; die öffentliche Förderquote lag bei rund 10 % der Investitionskosten. Ein weiteres Objekt, kleiner dimensioniert, jedoch mit sehr hohem Ausgangsverbrauch, erreichte eine Energieeinsparung von über 80 % sowie eine CO₂-Reduktion um mehr als zwei Drittel.
Angesichts steigender CO₂-Kosten, ESG-Anforderungen und Investorenerwartungen sind energetische Sanierungen sinnvoll und sichern nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg in einem anspruchsvollen Umfeld. Digitale Daten, ESG-Analysen und ganzheitliche Umsetzung sind wesentlich. Operative Stärke ist im Wettbewerb entscheidend.


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