Seriell bauen – Gebäude schneller nutzen
Autor
Frank-Thomas Kronsbein
Blogbeitrag
Seriell bauen – Gebäude schneller nutzen
Wenn jeder in Deutschland gebaute Neuwagen auf dem weißen Blatt Papier entworfen würde – eine schnelle und effiziente Produktion mit hohen Stückzahlen wie wir sie gewohnt sind, würde wohl nie zustande kommen. Beim Gebäudeneubau hingegen läuft dieser Prozess oftmals noch genau so ab: Häufig startet der Plan für einen Neubau auf eben diesem weißen Blatt Papier. Das sequenzielle Planen und Koordinieren aller einzelnen Gewerke bindet jedoch zahlreiche Ressourcen. In der Automobilindustrie daher seit langer Zeit etabliert: die industrielle Vorfertigung aller wesentlichen Bestandteile. Individualisierungsmöglichkeiten für den Kunden gibt es trotzdem zahlreich – kaum ein Auto im Straßenverkehr gleicht dem anderen.
Dieses Prinzip gilt auch für Immobilien: Wenn Gebäude nicht ausschließlich auf der Baustelle errichtet werden, sondern wesentliche Bestandteile in Werken vorproduziert und auf der Baustelle nur noch zusammengesetzt werden, eröffnet das enorme Effizienzpotenziale. Die industrielle Vorfertigung ermöglicht Optimierungen, wie etwa die Reduzierung des Ressourceneinsatzes gegenüber der herkömmlichen Bauweise, bringt konstante Qualitäten und verkürzt Bauzeiten, was das Bauen um einiges wirtschaftlicher macht.
Die Potenziale industrieller Vorfertigung und systematisierter Prozesse werden vor allem im Wohnungsbau landesweit immer deutlicher. Verschiedene Schätzungen gehen von Hunderttausenden fehlenden Wohnungen pro Jahr in Deutschland aus. Der zügige Neubau scheitert oft an hohen Kosten und Bürokratiehürden. Um günstig Wohnungen zu bauen, sind nicht nur schnellere Genehmigungsverfahren notwendig, sondern auch passende technische Lösungen.
Serielles Bauen ist der Schlüssel, um rasch den wachsenden Bedarf an bezahlbarem und gleichzeitig hochwertigem Wohnraum zu erfüllen. Wenn einzelne Bauelemente unter kontrollierten Bedingungen gefertigt werden, können höhere Qualitätsstandards eingehalten werden. Bauprojekte beginnen nicht jedes Mal auf dem weißen Blatt Papier, sondern greifen auf Erfahrungen und Wissen aus zahlreichen vorherigen Projekten zurück. Die Projektteams sind daher mit jedem Detail des Gebäudetyps vertraut – das wirkt sich positiv auf die Effizienz des Errichtungsprozesses sowie letztlich auch die Qualität des Endprodukts aus.
Ein weiterer Vorteil: Die systematisierte und serielle Bauweise schont Ressourcen. Die industrielle Vorfertigung von Systemelementen ermöglicht es, besonders sparsam mit Ressourcen umzugehen. So werden der Materialverbrauch optimiert und Abfall reduziert.
Der Bundesverband der Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. (GdW) fördert diesen Ansatz bereits zum zweiten Mal mit einer Rahmenvereinbarung für serielles und modulares Bauen. In einem mehrmonatigen Verfahren wählte eine Jury unter Einbeziehung von Bundesbauministerium und Hauptverband der Deutschen Bauindustrie sowie unter Mitwirkung der Bundesarchitektenkammer 25 serielle und modulare Konzepte von 20 Unternehmen zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum aus. Mitglieder des GdW können aus den Konzepten aller 20 ausgezeichneten Unternehmen auswählen und damit schneller, einfacher und kostengünstiger in hoher Qualität bauen. Teile der Projektausschreibung, -vergabe und der Planung werden durch eine Rahmenvereinbarung vorweggenommen. Das beschleunigt den Prozess enorm.
Trotz Systematisierung und Standardisierung: Bauen mit vorgefertigten Elementen ermöglicht eine hohe Flexibilität im Design. Unsichtbares wird systematisiert, Sichtbares individualisiert. Fassaden, verschiedene Fensterformen, wandlungsfähige Balkone und Innenarchitektur beispielsweise ermöglichen ausgiebige Entscheidungsfreiheit bei jedem einzelnen Projekt. Was entsteht, sind Wohnquartiere, die mit der knappen Ressource „Raum“ verantwortungsbewusst umgehen und gleichzeitig zukunftsfähig sind.