Soziale Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft

08.07.2025

Autor

Dr. Dominik Stolz

Dr. Dominik Stolz  

Rechtsanwalt

GSK STOCKMANN

Blogbeitrag

Soziale Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft

Die Bedeutung von ESG-Kriterien hat in den letzten Jahren auch in der Immobilienwirtschaft stark zugenommen. Während ökologische Aspekte („E“) im Zuge regulatorischer Anforderungen wie der EU-Taxonomie und der Offenlegungsverordnung intensiv betrachtet wurden, blieben soziale („S“) und Governance-bezogene („G“) Dimensionen bisher unterrepräsentiert – trotz ihrer zunehmenden Relevanz für den Markt und die Gesellschaft.

Soziale Aspekte im Fokus
Soziale Nachhaltigkeit umfasst im Zusammenhang mit Immobilien grundsätzlich Faktoren wie bezahlbaren Wohnraum, barrierefreie Infrastruktur sowie Zugang zu Bildung und Gesundheit. Immobilieninvestitionen können durch gezielte Ausgestaltung – etwa durch Quartierskonzepte, generationengerechtes Wohnen oder die Integration sozialer Infrastruktur – einen wesentlichen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten. Besonders vor dem Hintergrund demografischer Veränderungen und urbaner Verdichtung gewinnen diese Aspekte an Bedeutung.

Governance als Erfolgsfaktor
Demgegenüber äußert sich Unternehmensführung in Immobilienprojekten in Transparenz, ethischer Geschäftspraxis, Risikomanagement und einer partizipativen Stakeholder-Einbindung. Eine solide Governance-Struktur schafft Vertrauen, fördert nachhaltige Entscheidungen und reduziert langfristig operationelle und Reputationsrisiken. Insbesondere die Nachvollziehbarkeit von ESG-Strategien und der Einbezug der Mieterschaft können zur Akzeptanz und Stabilität von Projekten beitragen.

Wechselwirkungen im ESG-Dreiklang
„E“, „S“ und „G“ sind nicht isoliert zu betrachten. So kann beispielsweise eine energieeffiziente Bauweise positive soziale Effekte wie geringere Betriebskosten nach sich ziehen. Gleichzeitig erfordert eine sozial nachhaltige Planung transparente Governance-Prozesse. Die integrierte Betrachtung aller drei Dimensionen ist entscheidend, um Zielkonflikte zu vermeiden und Synergien zu nutzen.

Regulatorische Entwicklungen und Lücken
Während ökologische Anforderungen mittlerweile detailliert geregelt sind, fehlt es im Bereich sozialer Nachhaltigkeit noch an verbindlichen Standards. Zwar existieren Rahmenwerke wie die CSRD oder das europäische Lieferkettengesetz (CSDDD) doch eine spezifische soziale Taxonomie steht bislang aus. Die der zeitige Regulierung bleibt fragmentarisch – das erschwert die Vergleichbarkeit und Steuerung sozial nachhaltiger Investitionen.

Herausforderungen bei Umsetzung und Messbarkeit
Ein wesentliches Hindernis für die stärkere Berücksichtigung sozialer Faktoren ist die eingeschränkte Verfügbarkeit standardisierter Daten. Soziale Auswirkungen sind häufig schwer quantifizierbar und unterliegen subjektiven Wahrnehmungen. Auch fehlen einheitliche KPIs sowie Bewertungsmodelle, die sich auf verschiedene Immobilientypen anwenden lassen. Eine flexible, aber vergleichbare Methodik ist erforderlich, um die soziale Rendite von Maßnahmen messbar zu machen.

Lösungsansätze und Zukunftsperspektiven
Zur Umsetzung sozialer Nachhaltigkeit bieten sich verschiedene strategische Ansätze. Eine Möglichkeit ist die Orientierung an den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs). Dabei können sowohl Top-down- Strategien (Ableitung von ESG-Zielen aus der Unternehmensstrategie) als auch Bottom-up-Modelle (Mapping bestehender Maßnahmen auf relevante SDGs) verfolgt werden.

Operativ ist es entscheidend, qualitative und quantitative Zielgrößen für die verschiedenen Nutzungsarten von Immobilien zu definieren und diese mit konkreten Maßnahmen zu hinterlegen – etwa durch Sanierung für Barrierefreiheit, Integration sozialer Einrichtungen oder Entwicklung generationengerechter Wohnformen. Ergänzend ist ein effektives Monitoring erforderlich, das sowohl objektive Indikatoren (z. B. Auslastung, Mobilitätsanbindung) als auch subjektive Perspektiven (z. B. Mieterzufriedenheit) berücksichtigt.

Fazit
Soziale Nachhaltigkeit bietet vielfältige Chancen für die Immobilienwirtschaft – sei es durch differenzierte Investmentstrategien, gesellschaftliche Akzeptanz oder langfristige Werthaltigkeit. Die stärkere Integration von „S“ und „G“ in Nachhaltigkeitsstrategien ist jedoch auf verlässliche regulatorische Rahmenbedingungen, marktübergreifende Standards und belastbare Daten angewiesen. Mit einem ganzheitlichen Ansatz lassen sich nicht nur gesellschaftliche Mehrwerte schaffen, sondern auch strategische Wettbewerbsvorteile im Transformations-prozess sichern.

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