Value Add Strategie – die eine gibt es nicht!
Autor
Thomas Thein
Blogbeitrag
Value Add Strategie – die eine gibt es nicht!
Die Spitzenrenditen von Lebensmitteleinzelhandelsimmobilien sind seit etwa einem Jahr nahezu stabil niedrig und liegen aktuell sogar noch unter den Renditen für 1A-Handelsimmobilien in den Top 7 Städten (Quelle: CBRE Research). Da ist es nicht verwunderlich, dass sich in der aktuellen Zinsumgebung der Investitionsfokus von Investoren, weg von der klassischen Core-Immobilie, hin zum riskanteren (aber auch Renditestärkeren) Value-add-Objekt verschiebt. Dies gilt auch insbesondere für Investitionen in Lebensmitteleinzelhandelsstandtorte, da diese sich in den vergangenen Jahren als extrem krisenfest erwiesen haben.
Bei einer langfristig ausgerichteten, soliden technischen und kaufmännischen Bewirtschaftung einer Immobilie, führt ein fortschreitendes Alter oder eine sinkende Restlaufzeit der Mietverträge nicht unweigerlich dazu, dass die Immobilie zum Value Add Case wird. Auch ein kurzer WALT allein, bei einem sonst soliden und nachhaltig aufgestellten Einzelhandelsstandort, fällt wohl eher unter den Typ Core plus-Immobilie und bietet noch kein großes Value-AddPotenzial – nicht zuletzt, weil der Lebensmitteleinzelhändler (und vor allem seine Kunden) als sehr Standorttreu gilt, sofern die ökonomischen Rahmendaten stimmen.
Um einen „Mehrwert“ schaffen zu können, muss meist erst einmal ein Defizit an der Immobilie entstehen – sei es ein hoher Instandsetzungsbedarfs oder auch ein langfristiger Leerstand in Nebenflächen. Häufig sind es auch veränderte Flächenanforderungen des Lebensmitteleinzelhändlers, die ein Value Add-Potenzial schaffen. Ist die vorhandene Mietfläche zu klein, so können verschiedene Alternativen auf ihre baurechtliche, technische und auch kosteneffiziente Machbarkeit überprüft werden:
- Die Erweiterung des Lebensmitteleinzelhändlers auf eine vorhandene (oder sich anbahnende) Leerstandsfläche im Nebenmieterbereich ist doppelt attraktiv, da mit der Verlängerung des Ankermietvertrages auch noch der Abbau von Leerstand und den damit verbundenen Kosten einhergeht.
- Die Erweiterung der Bestandsfläche um zusätzliche neue Fläche.
- Den Abriss und Neubau der Immobilie – dies macht meist nur dann Sinn, wenn der Baukörper der Altfläche so im Grundstück steht, dass eine einfache Erweiterung der Bestandsfläche nicht kosteneffizient ist.
- Einen zusätzlichen Neubau für den Lebensmitteleinzelhändler und die anschließende Vermietung der Altfläche an arrondierende Nutzungen, sofern die Flächenpotenziale vorhanden sind. Die Altfläche kann vom Lebensmitteleinzelhändler bis zur Fertigstellung des Neubaus genutzt werden. Eine arrondierende Nutzung auf der Altfläche nach Fertigstellung des Neubaus macht den Standort zudem noch attraktiver für den Endverbraucher und bringt zusätzliche Frequenz für beide Mieter.
- Die Neuvermietung an einen Lebensmitteleinzelhändler, dessen Flächenkonzept zur Immobilie passt.
Eine Blaupause für die EINE Value-Add Strategie im Lebensmitteleinzelhandel gibt es nicht – da sich meist über die Zeit mehr als ein Defizit (oder Potenzial) ergeben hat. Und so weitreichend, wie der Begriff „Value Add“ ist – die Grenzen hin zum Core plus Objekt einerseits und zum opportunistischen Objekt andererseits, sind meist fließend und werden oft ganz individuell vom Investor gesetzt.
Daher ist es von entscheidender Bedeutung für ein erfolgreiches und allseits zufriedenstellendes Investment, ein gemeinsames Verständnis von Investor und Manager zur Definition der Investitionsstrategie zu entwickeln. Welcher zeitliche Rahmen im Bezug auf die Haltedauer wird gewünscht? Wie hoch soll der Leverage sein? Wie volatil darf eine Ausschüttung sein? Bzw. wird überhaupt eine Ausschüttung erwartet oder zählt viel mehr der IRR oder Equity Multiple am Ende der Investition?
Sind die Rahmenbedingungen geklärt, ist es Aufgabe des Management Teams passende Objekte zu finden, die den individuellen Rendite-Risiko-Anforderungen des Investors entsprechen. Ein 360-Grad Ansatz des Managements erleichtert es, bereits im Ankauf, Risiken eines Standortes abzuschätzen und einzuwerten, den Value Add Case herauszuarbeiten und damit die größten Defizite und Potenziale der Immobilie, ob kaufmännischer oder technischer Natur, zu identifizieren und in realistischem Maße einzupreisen.
Umfasst die Value-Add Strategie an einem Standort nicht alleine die technische Abarbeitung von Mängeln, sondern auch mietvertragliche Themen, so muss für alle Beteiligten, d.h. Mieter und Eigentümer, eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung gefunden werden. Dies erfordert mitunter auch diverse Verhandlungsrunden. Es ist die Aufgabe des Managements die Renditeerwartung des Eigentümers mit einer nachhaltigen Repositionierung des Standortes in Einklang zu bringen. Nur eine Immobilie, die eine nachhaltige Miete für den Mieter aufweist, kann später auch zu einem entsprechend hohen Preis veräußert werden. Nur eine Immobilie, deren technische Mängel solide abgearbeitet wurden, wird ohne Preisabschlag weiterverkauft. Und je zügiger dies passiert, desto höher werden die Renditen für einen Investor ausfallen.
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