Wohnen im Jahr 2040 und zukünftige Anforderungen an Städte

05.10.2025

Autor

Björn-Martin Kurzrock

Björn-Martin Kurzrock

Professor für Immobilienökonomie, Co-Founder AdvisoRE

Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau

Blogbeitrag

Wohnen im Jahr 2040 und zukünftige Anforderungen an Städte

47% der Generation Z, geboren zwischen 1997 und 2012, wünschen sich ortsunabhängiges Arbeiten.1 42% der Haushalte in Deutschland sind Single-Haushalte.2 Dies geht einher mit vier Schlüssel-trends bis 2040: fortgesetzter Demographischer Wandel, Energie- bzw. Wärmewende, Digitale Transformation und neue Muster von Wohnen und Arbeiten.

„Good cities are made of good streets” (Allan B. Jacobs, 1995)

Eine Kernanforderung an die Nachhaltigkeit von Gebäuden ist, dass sie gefallen, nicht nur dem Zeitgeist, sondern über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg. Allan B. Jacobs hat in dem gleichnamigen Buch elementare Kriterien für „Great Streets“ definiert.3 Sie sind auch heute wesentlich für das Wohnen und unsere Städte der Zukunft.

Anpassungsfähige Straßen Städte entwickeln sich weiter als (wieder) lebendige Orte der Begegnung, des Austauschs und der natürlichen Bewegung. Konzepte wie die „15-Minuten-Stadt“ führen dort hin. Der öffentliche (Straßen-)Raum wird in der Zukunft mehr und mehr multimodal genutzt und erschlossen. Projektentwickler und Investoren tragen dazu bei und generieren so auch deutlichen Mehrwert für ihren eigenen Bestand.

Anpassungsfähige Gebäude, Nachbarschafts-Plattformen
Der Umgang mit Flächen, ob innen oder außen, wird sparsamer durch intelligente Nutzungskonzepte und Wohnformen mit neuen Grundrissorganisation und Zonierungen, ggf. Zusammenlegung und/oder Auslagerung von Einzelflächen und Umstrukturierung als Gemeinschaftsflächen. Flächen sollen dabei aber nicht bloß effizient, sondern auch großzügig sein. Konfigurierbare Module und (bewegliche) Stauflächen ermöglichen optimale Nutzung, abgestimmt auf die (im Lebenszyklus wechselnden) Bedürfnisse der Nutzer. Durch ein Angebot an möglichst flexiblen Räumen (z.B. gleiche/änderbare Raumgrößen, ohne Priorisierung für Schlaf-, Kinder-, Arbeitszimmer…) können Einheiten genauso nutzbar für Familien wie für Wohn- oder Bürogemeinschaften sein. Durch die Errichtung von zentralen Co-Working-Spaces in Quartieren werden Bedarfe für Heimbüros arbeitsstättenkonform und kostengünstig erfüllt und Pendelzeiten zum betrieblichen Arbeitsplatz reduziert. Nachhaltiger Wert wird wieder durch hohe Aufenthaltsqualität und einen attraktiven Nutzungsmix geschaffen. Digitale Nachbarschafts-Plattformen vernetzen Nutzer und Betreiber und optimieren die Abläufe und Interaktion im Quartier unabhängig von der Eigentums- oder Betreiberstruktur.

Digitaler Zwilling der Stadt
Digitale Zwillinge für Gebäude auf Basis von BIM und Indoor Mapping im Bestand sind heute bereits weit fortgeschritten. Für die Zukunft bedeutet dies eine neue Stufe für die Dokumentation und Business Intelligence beim sicheren und nachhaltigen Betreiben von Gebäuden, Quartieren und ganzen (urbanen) Räumen.

Wärmekonzepte
Energie wird mehr und mehr lokal erzeugt und verteilt, mit gebäudeübergreifenden und sektorenkoppelnden Energiemanagementsystemen (EMS). Gleiches gilt für die Verwertung (statt Entsorgung) oder das Upcycling von Abfällen im Quartier. Photovoltaik und Solarthermie können diskret in Fassaden und Dachbedeckungen integriert werden. Energie könnte thermisch, chemisch, elektrochemisch, elektromagnetisch oder mechanisch gespeichert werden. Weitere Lösungen, etwa mit Phasenwechselmaterialien (PCM) in Latentwärmespeichern oder thermisch-aktivierte Bauteile, können Umwandlungs-, Übertragungs- und Speicherverluste reduzieren. Abwärme, z.B. von Rechenzentren oder Produktionseinrichtungen, wird durch Smart Heat Grids verteilt werden. Durch Waste Het Sharing könnte überschüssige Wärme sogar zwischen Nutzungseinheiten geteilt werden.

Real-Time Monitoring
Bedarfswerte und IST-Verbräuche von Gebäuden und Quartieren können u.a. durch EMS und Gebäudeautomation (GA) andauernd gemessen (Real-Time Monitoring) und automatisch geregelt werden. Doch auch das Nutzerverhalten ist wesentlich für den sparsamen Umgang mit Ressourcen. Moderne Gebäude werden mit Nutzern interagieren und niederschwellig Anregungen für einfache Verhaltensänderungen geben können. Aus Eigentümersicht wesentlich sind wirtschaftliche und zuverlässige Lösungen mit maximaler Nutzerakzeptanz.

Fazit
Wie die Welt in 2040 aussieht, wissen wir nicht. Es sind nur 15 Jahre bis dahin. Doch die Entwicklungsgeschwindigkeit ist besonders durch digitale Transformation und KI sehr hoch. Projektentwickler und Investoren haben hervorragende Chancen, aber auch große Verantwortung. Sie gestalten direkt die gebaute Umgebung, in der wir leben, mindestens für Jahrzehnte, potenziell für Jahrhunderte. ESG-Kriterien sollen dem Rechnung tragen. Es ist aber vor allem eine zutiefst menschliche Aufgabe.

 

(1) statista (Hrsg.). Gen Z: Erwartungen und Wünsche an Arbeitgeber, Februar 2025. Abgerufen am 08.06.25.
(2) Destatis (Hrsg.). Haushalte nach Haushaltsgrößen im Zeitvergleich. Abgerufen am 08.06.25..
(3) Jacobs, Allan B. (1995): Great Streets, MIT Press: Cambridge.

 

 

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