Überblick über das aktuelle regulatorische Gewirr

Überblick über das aktuelle regulatorische Gewirr

08/17/2020

Alexander Lehnen, Partner, Arnecke Sibeth Dabelstein

 

Überblick über das aktuelle regulatorische Gewirr

Die regulatorischen Maßnahmen in der EU mit Implikationen auf Anbieter von Immobilienfonds nehmen weiter dramatisch zu, als hätten sie gerade in dieser Zeit nicht genug mit den Auswirkungen von COVID-19 auf die gemanagten Produkte sowie ihre Belegschaft zu kämpfen. Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über aktuell wichtigsten Normen:

1. Konzeption Am 7. Juni 2019 wurde die EU-Eigenkapitalrichtlinie und -verordnung für Banken veröffentlicht. Die Regelungen der CRR II gelten grundsätzlich ab dem 28. Juni 2021. Dabei wurden die Vorgaben für Anlagen in Investmentfonds für Sparkassen, Genossenschaftsbanken oder vergleichbare Finanzinstitute angepasst. Bei der Berechnung des durchschnittlichen KSA-Risikogewichts eines Fonds kann es durch die vorgeschriebene Berücksichtigung eines Fremdfinanzierungshebels insbesondere bei Immobilienfonds zu einer Erhöhung der erforderlichen Eigenmittelunterlegung führen. Lösungsideen sind bei uns vorhanden.

 2. Vertrieb Die EU-Kommission schlägt zur Anpassung von MiFID II unter anderem Überblick über das aktuelle regulatorische Gewirr vor, dass im Rahmen der Wertpapiervermittlung gegenüber professionellen Anlegern wie Versicherungen und Pensionskassen keine standardisierten Kosteninformationen mehr erteilt werden müssen. Die Offenlegung von Kosten und Gebühren auch im Falle anderer Dienstleistungen als Anlageberatung und Portfolioverwaltung soll wegfallen. Die papierbasierte Kommunikation soll durch ein elektronisches Format ersetzt werden. Privatanleger sollen weiterhin ein hohes Maß an Verbraucherschutz genießen. Über ein sogenanntes Opt-in sollen sie weiterhin Dokumente in Papierform erhalten. Die Vorschläge müssen noch vom EU-Parlament gebilligt und den Mitgliedstaaten in das nationale Recht übersetzt werden. Bitte beachten Sie darüber hinaus, dass ab 1. August 2020 die Neufassung der Finanzanlagen-Vermittlungs-Verordnung (FinVermV-Neu) gilt. Spannend bleibt außerdem die Frage, ob die Aufsicht über die freien Vertriebe nun tatsächlich ab 1. Januar 2021 auf die BaFin übertragen wird. Aufgrund der bisherigen Ablehnung des Vorhabens durch den Bundesrat werden aktuell Kompromisslösungen gesucht.

3. Reporting Am 27. November 2019 ist die EU Verordnung 2019/2088 betreffend die nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor erschienen. Die aktuell wichtigste Information: Die genauen Berichtsdetails stehen noch nicht fest. Die Europäischen Aufsichtsbehörden übermitteln der Kommission Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 30. Dezember 2020. Betroffen sind im Immobilienfondsbereich insbesondere die Kapitalverwaltungsgesellschaften bzw. AIFM‘s. Die Informationspflichten betreffen sowohl die Corporate- als auch die Produktebene – hier sind Nachhaltigkeitsrisiken in den vorvertraglichen Informationen, d.h. insbesondere im 307er Dokument, bereits ab 10.3.2021 zu reporten. Die Erläuterung nachhaltiger Nachhaltigkeitsauswirkungen kann noch bis 2023 warten. Wenn Fonds „E“ oder „S“ Kriterien oder insgesamt mit einem Nachhaltigkeitsindex werben, sind sehr viele Detailangaben erforderlich.

 4. e-Produkte Am 23. Juli 2020 haben das BMF und das BMJV einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung von elektronischen Wertpapieren vorgelegt. Ziel ist es, Finanzierung auch durch Wertpapiere zu ermöglichen, die elektronisch und gegebenenfalls mittels der Blockchain-Technologie begeben werden. Die aktuell zwingend erforderliche physische Wertpapierurkunde für Inhaber-Schuldverschreibungen soll durch die Eintragung in ein Wertpapierregister ersetzt werden. Das Wertpapierregister kann „klassisch elektronisch“ aber auch kryptobasiert in der Blockchain geführt werden. Gleichzeitig soll es ein zentrales Register über elektronische Wertpapiere geben. Die Regulierung von EK-Produkten, also elektronischen Aktien, soll allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Der Gesetzgeber strebt eine Verabschiedung der Neuregelung noch in 2020 an; sodann werden wir detailliert berichten.

 

Alexander Lehnen
Partner
Arnecke Sibeth Dabelstein