Home alone? - Frisst Homeoffice die Bürotürme leer?

Home alone? - Frisst Homeoffice die Bürotürme leer?

17.08.2020

Prof. Dr. Thomas Beyerle, Managing Director, Catella Property Valuation GmbH

“Home alone? - Frisst Homeoffice die Bürotürme leer?”

In der Tat, das Covid-19 Virus hat die Welt in der herkömmlichen, auf Wachstum und Effizienz gepolten Ökonomie seit März aus den Angeln gehoben. Plötzliche Entschleunigung war angesagt bei gleichzeitigem Abrufen der Erfahrungsroutine aus dem Lehman-Jahr 2008. Erinnern Sie sich noch an die ersten Prognosen Mitte März, was mit der Konjunktur und den Immobilienmärkten in naher Zukunft so alles passieren wird? „Schlimmste Rezession seit 1929“, „massenweise Mietausfälle“, demzufolge ein „Asset Meltdown der Immobilienwerte“. Auch Büros kamen nicht gut weg. Spätestens Anfang Mai gab es keinen Artikel mehr, der nicht auskam, ohne über ein „Adieu Büro“ zu sinnieren. Hat ja auch anfangs Spaß gemacht, das mit dem Homeoffice, oder? Ein nie dagewesener Freiheitsgrad, der gleichwohl irgendwie surreal war, zumal die Ökonomie Richtung Stillstand zeigte. Obwohl schnell klar war, dass das Freiheitspendel Büro-Zuhause auch seine Schattenseiten hat. „Face-to Face“-Meetings wurde schnell wieder zum Synonym für „wieder ein bisschen zurück an den Schreibtisch ist auch nicht schlecht“. 

Obwohl die konjunkturelle Situation nach wie vor angespannt ist, lichtet sich zur zweiten Jahreshälfte etwas der Nebel. Und hier zeigt sich, dass nicht alles immer so eintreten muss, wie es scheint. Nachdem die Ideologie und Forderung nach der Flexibilisierung der Bürotätigkeit jahrelang immer wieder mit vermeintlich stichhaltigen Argumenten („Versicherungsschutz“, „IT-Sicherheit“, „Sensible Gespräche“ oder „Entfremdung“, nur „Kontrolle“ sagte kaum jemand laut) eher als nettes Recruiting-Instrument der HR-Abteilung in Zeiten von Personalmangel gesehen wurde, fand der Beweis statt – es geht offensichtlich doch. Ergebnis: Ein Zurück zu einer Zeit „vor dem Virus“ wird es in der Reinform nicht mehr geben. Und spätestens hier gehen die Alarmsignale der Investoren an, welche primär – und das ist volumenbezogen der größte Teil – in langfristige Mietverträge in Bürogebäuden investiert sind.

Denn Unternehmen und ihre Mitarbeiter nutzen diese Flächen, mieten diese oftmals mehr als eine Dekade an. Soll das jetzt alles obsolet sein? Sicherlich nicht. Hinzu kommt der eigentlich bekannte, aber tendenziell eher negierte Impuls namens „Digitalisierung“. Selbst unter Ausnutzung aller Arbeitsstättenrichtlinien, Desk-Sharing oder Besprechungsraumkultur, ist klar, dass es, soweit man in die Zukunft schauen kann, keine virtuellen dezentralen Organisationsstrukturen für die Mehrzahl der Dienstleistungsanbieter in den Innenstädten geben wird. Doch Unternehmen sind auch zu einer effizienten Handhabe auf den zweitgrößten Kostenblock – neben Personal – gezwungen. Und hier liegt der Schlüssel, welcher eine Tür bis zum Ende der Dekade öffnet, wie es mit dem Umfang der benötigten Flächen wirklich bestellt ist.

Doch nichts ist so unstetig wie der Wandel einer Dienstleistungsökonomie und die Prognosen der „Experten inmitten Covid19“. Wir werden leerstehende Gebäude genauso wenig sehen wie die aktuell praktizierte Relation „qm pro Mitarbeiter“ bei der Flächenplanung. Strukturbrüche werden sichtbar werden, Effizienzsteigerungen und neue Büroformen ebenfalls. Eine kurzfristige Veränderung an den Mietverhältnissen, vor allem bei den innerstädtischen Büroflächen, wird es nicht geben. Zwar wird hier auch der starke Konjunktureinbruch Spuren bei Neuabschlüssen in diesem Jahr hinterlassen. Das Niveau der Mieten und Umsätze wird sich etwas nach unten bewegen, aber keinesfalls einbrechen. 

Doch eine gefährliche Klippe wird dann 2022/2023 sichtbar: Ab diesem Zeitraum stehen die ersten Prolongationen der 5-jährigen Mietvertrage aus 2017/2018 an. Bezogen auf den deutschen Büroflächenmarkt sind das rund 20 Prozent der Top-Mietflächen – damals schon sehr hohe Werte. Und ob hier die Unterschrift zur Vertragsverlängerung „auf der gleichen oder mehr Fläche“ so einfach fällt, darf zumindest bezweifelt werden.

Prof. Dr. Thomas Beyerle 
Managing Director
Catella Property Valuation GmbH