ESG-Strategien für europäische Immobilienportfolios

28.06.2024

Autor

Alexander Roth

Alexander Roth

ESG & Operations Director

Savills Investment Management

Blogbeitrag

ESG-Strategien für europäische Immobilienportfolios

Für Portfoliomanager gehen mit ESG zahlreiche Herausforderungen einher. Sie müssen dem mit entsprechenden Maßnahmen begegnen, um die Immobilien im Sinne der Nachhaltigkeit fit für die Zukunft zu machen. Strategische Zielsetzungen sind hierbei wichtig, aber bei der Umsetzung von Maßnahmen auf Gebäudeebene wird es komplex.

Environmental Social Governance (ESG) sind die drei Säulen für nachhaltiges Wirtschaften. Sie verändern die Immobilienwirtschaft maßgeblich und fordern vom Portfoliomanagement weitsichtiges und differenziertes Vorgehen. Denn ESG ist multidimensional, ein „one size fits all“ gibt es nicht. Vielmehr gibt es bei der Transformation europäischer Immobilienportfolios zahlreiche Komponenten zu berücksichtigen: Etwa den Lebenszyklus von Gebäuden, die unterschiedlichen technischen Anforderungen und Eigenschaften von Assetklassen, die nationale Regulatorik sowie die Standorteigenschaften der Immobilien. Eine effektive ESG-Strategie sollte sich deshalb nicht nur auf eine Dimension beschränken, sondern ganzheitlich ausgerichtet sein.

Im Hinblick auf den Lebenszyklus gilt es bei der Umsetzung grundsätzlich zwischen Projektentwicklungen, Bestandsgebäuden und Sanierungen zu unterscheiden. Während bei Neubauten der Schwerpunkt neben Energieeffizienz auf klimaneutralen Baustoffen und Wiederverwertbarkeit von Bauteilen liegen kann, wird es bei Bestandsimmobilien um optimierten Gebäudebetrieb und die Umrüstung auf erneuerbare Energien gehen. Bei Sanierungen sollte immer die Frage gestellt werden, wie viel der bestehenden Immobilie weitergenutzt werden kann, um graue Emissionen so gering wie möglich zu halten.

Hinsichtlich regulatorischer Anforderungen gilt es die Spezifika der einzelnen Länder zu berücksichtigen, durch die sich zeitliche und inhaltliche Schwerpunkte ergeben. So schreibt beispielsweise das décret tertiaire in Frankreich für gewerblich genutzte Gebäude Energieein sparungen in Höhe von 40 Prozent bis 2030 vor. In den Niederlanden gelten seit vergangenem Jahr Mindestanforderungen für Bürogebäude: Wird das Energielabel C nicht erfüllt, drohen Ordnungsstrafen; im schlimmsten Fall dürfen diese Büros nicht mehr vermietet werden. In UK ist in Diskussion, die energetischen Anforderungen für alle Nichtwohngebäude ab dem Jahr 2030 auf das Energieeffizienzlabel B zu heben. Im Falle von anstehenden Investments sollten sich Gebäudeeigentümer entsprechend immer die Frage stellen, ob alle regulatorischen Mindestanforderungen erfüllt werden, auch solche, die in naher Zukunft gelten könnten.

Legt ein Portfoliomanager inhaltlich den Schwerpunkt auf die Reduktion von CO2 , sollte das Thema Energiebedarfsreduzierung in der Regel immer an erster Stelle stehen – auch im Sinne der Reduzierung von Betriebskosten. Bei einer weiteren Priorisierung von Maßnahmen hilft ein Blick in die lokale bzw. nationale Art der Stromproduktion. Während der Fokus in Deutschland in den vergangenen Jahren stark auf der Elektrifizierung von Gebäuden und der Wärmeversorgung lag, ist diese Strategie in anderen Ländern individuell zu prüfen. Beispiel Polen: Durch den sehr hohen Anteil von Kohle bei der Stromerzeugung würde eine Elektrifizierung von Bestandsgebäuden in den meisten Fällen zu höheren Emissionen führen. Folglich wäre daher neben Energieeffizienzmaßnahmen der Einsatz von Photovoltaik besser geeignet. Das gilt für alle Länder mit hohen Stromkosten und ähnlich hohen CO2 -Emissionen des Stromnetzes.

Neben dem großen Thema "E", also Umweltaspekte, sollten soziale Aspekte aber auch das Thema Biodiversität berücksichtigt werden. Bei der Umsetzung sozialer Aspekte können Systeme wie Fitwel oder WELL als Grundlage dienen, um Ansätze zur Umsetzung von Barrierefreiheit, Sicherheit, Inklusion, Gesundheit und Mobilitätsaspekte zu identifizieren. Geht es um das häufig vernachlässigte Thema Biodiversität kann zum Beispiel geprüft werden, welche versiegelten Flächen sich zur Entsiegelung eignen und welche Flächen – Außen- aber auch Dachflächen – als Lebensräume für zusätzliche Flora und Fauna dienen können. Dies fördert nicht nur die Biodiversität, sondern kann je nach Ausgestaltung auch positiven Einfluss auf die energetischen Eigenschaften von Gebäuden haben sowie zum Schutz vor Überschwemmungen und zur Reduzierung von Überhitzung beitragen.

Die Immobilienbranche ist angehalten vielseitig zu denken und muss vor allem mutig sein, Neues auszuprobieren und umzusetzen.

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