ESG-Herausforderungen privater Baufinanzierung
Autor
Dr. Julia Wernsdorfer
Blogbeitrag
ESG-Herausforderungen privater Baufinanzierung
Im Angesicht der Dringlichkeit, die die Auswirkungen des Klimawandels nach sich ziehen und der Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen hat die EU mit dem Green Deal und den begleitenden Regulierungen (u.a. EU-Taxonomie, SFDR, CSRD) Ziele und Weichen für den Beitrag zur Begrenzung des Klimawandels erstellt. Für die Bewältigung der daraus resultierenden Herausforderungen sind staatliche Investitionen vorgesehen. Diese reichen allein nicht aus, um die notwendige Transformation zu finanzieren. Für die Erreichung der Pariser Klimaziele ist die Unterstützung durch die Privatwirtschaft entscheidend.
Womit wir unmittelbar bei der Rolle der Finanzindustrie sind. Diese soll Kapitalströme gezielter auf nachhaltige Investitionen lenken und in ihre Geschäfts- und Berichtstätigkeit ESG-Kriterien integrieren und messen. Was sich hier in einem Satz zusammenfassen lässt, bedeutet in der Umsetzung: einen signifikanten Eingriff in und Anpassung von grundlegenden Prozessen, die Änderung der Bewertungskriterien von Immobilien, die Adjustierung der Risikobewertung ESG-Herausforderungen privater Baufinanzierung von bestehenden Kreditengagements und die Aufsetzung neuer Bericht- und Steuerungsprozesse.
Was dies konkret in der praktischen Umsetzung bedeutet und welche Herausforderungen daraus entstehen, die die Banken trotz ihrer Bemühungen nicht allein zu bewältigen vermögen, können wir am Beispiel der Berücksichtigung von „E“ in der privaten Baufinanzierung beleuchten.
Die Emissionen des Immobiliensektors verantworten ca. 40% des CO2 - Ausstoßes in Deutschland und verfehlen im Jahr 2023 voraussichtlich zum vierten Mal die Sektorziele des Bundes-Klimaschutzgesetze. Welche Rolle können die Banken wahrnehmen, um einen Beitrag zu leisten, die Sektorziele zu erreichen?
Guter Rat ist teuer
Immobilien werden nicht nur gekauft, sondern auch saniert. Die Sanierung unterliegt bereits nationaler Regulierung (Gebäudeenergiegesetz, GEG), die, resultierend aus der Novelle der EPBD (Energy Performance of Buildings Directive), bald um weitere Vorschriften erweitert werden muss. Diese Anforderungen müssen in konkrete individuelle Handlungsempfehlungen für ca. 16 Mio. Eigentümerhaushalte übersetzt werden. Deshalb tun Finanzinstitute gut daran, ihre Finanzierungsexpertinnen und -experten so weiterzubilden und auszustatten, dass sie den individuellen Sanierungsbedarf der Kundinnen und Kunden identifizieren und Finanzierungspläne für energetische Sanierungsmaßnahmen entwickeln können.
Doch entscheidend ist hierbei nicht nur die Klärung der Sachlage. Wir müssen die Eigentümer und Eigentümerinnen überzeugen und begeistern. Dies stellt angesichts einiger Kritik in Verbindung mit dem GEG eine besondere Herausforderung dar. Die Stimmung im Land hin zu „pro Sanierung“ kann die Finanzwirtschaft nicht allein kippen. Hier braucht es mehr sachliche und positive Aufklärung seitens aller Akteure.
You cannot manage what you cannot measure
Die bisherige Bewertung der Immobilien unter den Gesichtspunkten der Werthaltigkeit als Kreditsicherheit und des Marktwerts muss um die Bewertung des Energiebedarfs und des CO2 -Ausstoßes erweitert werden. Basierend auf den Gebäudetypologien, statistischen Angaben zu Energiequellen und CRREM (Carbon Risk Real Estate Monitor) können der Status quo des Emissionswerts und der Zielwert approximiert werden. Allerdings hängt die Güte der Modellierung stark vom Umfang der Informationen zu den finanzierten Immobilien ab, die die Grundlage der Modellierung bilden. Und hier ergibt sich die nächste Herausforderung. Es gibt keine zentrale Gebäudedatenbank, die die erforderlichen energetischen Kennzahlen liefern könnte. Dezentral (und aufwendig) könnte man die Angaben den Energieausweisen entnehmen, doch für bereits finanzierte Bestandsimmobilien fehlt die rechtliche Grundlage, die Daten „im Nachhinein“ zu verlangen. Abgesehen davon, verfügt nicht jeder Eigentümer über einen Energieausweis. Dafür sind entsprechende staatliche Regelungen erforderlich.
Ohne Moos nix los
Ein letzter wichtiger Aspekt ist die Berücksichtigung der vulnerablen Gruppen bei der Transition hin zum klimaneutralen Immobilienbestand. Die Rede ist von Gruppen mit geringen Rücklagen und geringem Spielraum für weitere monatliche Belastungen aufgrund der begrenzten Einkünfte oder der Belastung aus noch bestehenden Krediten. Vorhandene Finanzinstrumente sehen für diese Gruppen aufgrund der geringen Bonität und erhöhten Risiken Zinsaufschläge vor, die dazu führen, dass sich diese Gruppen eine Sanierung nicht leisten können. Hier braucht es staatliche Unterstützung, etwa in Form von finanzieller Förderung zur Erhöhung der Leistbarkeit und Risikoreduzierung durch Ausfallbürgschaften.
Fazit
Es ist klar, dass die Immobilienbranche vor großen Herausforderungen steht, aber auch über beträchtliche Möglichkeiten verfügt, einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Durch eine konsequente Umsetzung von Maßnahmen, eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Akteurinnen und Akteuren und eine kluge, vorausschauende Planung, kann die Branche einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Klimaziele zu erreichen und eine nachhaltige Zukunft zu gestalten.
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