Mit EPC-Ratings auf dem Netto-Null-Pfad
Autor
Alexander Roth
Blogbeitrag
Mit EPC-Ratings auf dem Netto-Null-Pfad
Die Immobilienbranche muss schnell reagieren, um die Emissionen bis 2030 zu halbieren und um langfristig das 1,5 Grad Ziel zu erreichen. Regulierungsbehörden, Mieter und Konsumenten, aber auch Investoren, fordern immer nachdrücklicher Nachhaltigkeit von Unternehmen und Immobilien ein, um das Ziel der Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Der Vergleichbarkeit von Energieeffizienzklassen kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu.
Schätzungen zufolge sind etwa 80 Prozent der Immobilien, die im Jahr 2050 existieren werden, bereits gebaut. Radikale Verbesserungen der Energieeffizienz bestehender Gebäude sind daher für jede glaubwürdige Strategie zur Erreichung von Netto-Null-Emissionen sowie zum Senken des Energieverbrauchs und der Energiekosten entscheidend. Um die Energieeffizienz bestehender und neuer Gebäude in den EU-Mitgliedstaaten zu bewerten und zu verbessern, hat die Europäische Union Energieausweise (Energy Performance Certificate, kurz EPC) eingeführt.
Beispiele europäischer Länder
In einem sich schnell verändernden regulatorischen Umfeld ist die Dekarbonisierung des Gebäudebestands ein entscheidender Bestandteil der Netto- Null-Strategie der Regierungen. In den Niederlanden müssen Bürogebäude bereits seit Anfang 2023 mindestens eine Energieeffizienzklasse C aufweisen, um weiterhin vermietbar zu sein. Großbritannien – wenn auch nicht mehr Teil der EU – will bis zum 1. April 2030 für alle kommerziell vermieteten Gebäude eine Energieausweis-Einstufung von mindestens B erreichen, mit einem Zwischenziel von C bis 2027. Branchenschätzungen gehen davon aus, dass bis zu 80 Prozent der Londoner Bürogebäude nicht die Energieausweis-Klassifizierung C erfüllen und bis 2030 angesichts der verschärften Anforderungen auf eine B-Klassifizierung aufgerüstet werden müssen.
Mangelnde Vergleichbarkeit der internationalen Energieausweise
Trotz der einfachen Skala des Energieausweis- Bewertungssystems, die von A bis zu I reicht, gibt es von Land zu Land große Unterschiede in Bezug auf den Anwendungsbereich, die Methodik, die Annahmen und die Bewertung. Wenn eine Wohnimmobilie in den Niederlanden mit der Energieeffizienzklasse B bewertet wird, könnte dieselbe Immobilie in Deutschland mit vergleichbaren Energieverbräuchen mit F bewertet werden (siehe Abbildung 1). Diese Unterschiede erschweren einheitliche und aussagekräftige Bewertungen und Vergleiche. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch die EU-Taxonomie und die Offenlegungsverordnung auf die nationalen Energieausweise zurückgreifen.
Wie in der Analyse des European DataWarehouse (EDW) „EPCs across Europe“ festgestellt wurde, sind gemeinsame Umrechnungsfaktoren erforderlich, um sicherzustellen, dass ein A in einem Land einem ähnlichen Effizienz niveau in anderen Ländern entspricht. Hiervon würden alle Beteiligten (Mieter, Investoren, Asset Manager usw.) profitieren, die grenzüberschreitend tätig sind – ein Muss in der heutigen globalisierten Welt.
Zugriff auf Verbrauchsdaten erforderlich
Neben der reinen Betrachtung von rechnerischen Verbrauchswerten, wie sie in Energiebedarfsausweisen verwendet werden, ist zudem eine Fokussierung auf den Betrieb notwendig. Denn es herrscht eine Diskrepanz zwischen dem geplanten Energieverbrauch von Gebäuden und der tatsächlichen Energieeffizienz im Betrieb. Dies stellt eine große Herausforderung für Asset und Property Manager dar, die sicherstellen müssen, dass die Gebäude so effizient wie möglich betrieben werden. Die Branche muss aktiv Maßnahmen ergreifen, um dieser Herausforderung zu begegnen. Hierfür müssen für die verwalteten Objekte Energieverbrauchsdaten gesammelt, bewertet und überwacht werden, um die EPC-Einstufung zu ergänzen und eine bessere Entscheidungs grundlage zu schaffen. Dazu gehört allerdings auch die weitere Sensibilisierung von Mietern, da es in vielen Ländern bisher noch kaum Verpflichtungen für diese gibt, ihre Verbrauchsdaten mit den Eigentümern der jeweiligen Immobilien zu teilen.
Den Gebäudebestand zukunftssicher aufstellen
Klar ist jedoch, dass künftig noch stärkere Aktivitäten unternommen werden müssen, um die Energieeffizienz von Gebäuden zu heben. Gebäude mit schlechten Effizienzklassen wird es zuerst treffen, da die Dynamik rund um das Thema Netto- Null stark zunimmt und Mieter sowie Investoren sich zunehmend auf Objekte mit guter Energieeffizienz fokussieren. Die gesamte Branche muss aktiver werden, um die Immobilienwerte zu erhalten und diese zukunftssicher zu optimieren.
Dies war ein Beitrag im ESG SPECIAL 2023.
Bildquelle Header: AdobeStock_673192717
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