Analyse des aktuellen Marktumfelds für Spezial-AIF mit Nachhaltigkeitsmerkmalen

08.11.2023

Autor

Eduard Bossauer

Eduard Bossauer

Senior Manager

Ernst & Young Real Estate GmbH

Blogbeitrag

Analyse des aktuellen Marktumfelds für Spezial-AIF mit Nachhaltigkeitsmerkmalen

Die EU-Offenlegungsverordnung, seit März 2021 in Kraft, verpflichtet Immobilienfondsmanager zu mehr Transparenz bei Nachhaltigkeitsstrategien. Bis August 2023 wurden über 110 Immobilienfonds in Deutschland nach Artikel 8 oder 9 klassifiziert. Besonders im Bereich der Immobilien-Spezial-AIFs für institutionelle Anleger verzeichnet man ein starkes Wachstum: Über 80 Spezial-AIFs wurden gemäß Artikel 8 oder 9 aufgelegt oder klassifiziert. 2021 waren 43%, 2022 bereits 72% der neu aufgelegten Fonds Artikel 8 oder 9, was die steigende Bedeutung von Nachhaltigkeit zeigt (Quelle: EY Research).

Neben der Beachtung der Nachhaltigkeitsstrategie spielt auch der Renditefaktor eine wesentliche Rolle bei Investitionsentscheidungen, sowohl bei der Fondsauflage als auch bei Investments des Fonds. Die Berücksichtigung von Immobilien, die diverse Energieeffizienz- oder Gebäudequalitätsstandards aufweisen, stellt aktuell die gängigste Nachhaltigkeitsstrategie von Immobilienfonds dar. So werden in den meisten Fällen bevorzugt Objekte mit einer Gebäudezertifizierung (DGNB, BREEAM oder LEED) oder Neubauten mit hohen Energieeffizienzstandards erworben. Die Gründe hierfür sind vielfältig und gleichermaßen nachvollziehbar:

  1. Langfristige Kostenersparnis: Gebäude, die hohe Energieeffizienzstandards besitzen, haben tendenziell niedrigere Heizkosten. Dies kann langfristig zu Kosteneinsparungen für die Mieter führen.
  2. Steigende Nachfrage: Mit zunehmender Sensibilisierung für Umweltfragen bevorzugen viele Mieter und Nutzer energieeffiziente Gebäude. Solche Gebäude können eine höhere Nachfrage erfahren und damit potenziell höhere Mieteinnahmen generieren.
  3. Wertsteigerung: Energieeffiziente Gebäude können aufgrund ihrer besseren Umweltverträglichkeit und niedrigeren Betriebskosten einen höheren Marktwert aufgrund geringer angesetzter CapEx haben. Dies könnte zu einer Wertsteigerung der Immobilien im Portfolio des Fonds führen.
  4. Risikominimierung: Energieeffiziente Gebäude besitzen ein geringeres Risiko. Einerseits sind Mieter geringeren Energiepreisschwankungen ausgesetzt, andererseits sind Eigentümer besser auf sich ändernde Umweltauflagen vorbereitet. Das Risiko eines Stranded Assets wird minimiert.
  5. Marktwertermittlung: Ein Immobilienfonds, der hohe Energieeffizienzstandards berücksichtigt, kann eine bessere Bewertung unter nachhaltigkeitsorientierten Investoren genießen.

Trotz all dieser Vorteile ist in der Praxis noch keine Überrendite der Artikel 8 oder Artikel 9 Fonds im Vergleich zu den Artikel 6 Produkten ohne Nachhaltigkeitsstrategie erkennbar. Für die Analyse wurde ein kombinierter Datensatz mit Informationen aus dem INREV Vehicles Index und EY Research gebildet, welcher offene deutsche Spezial-AIF mit den Auflagejahren zwischen 2019 und 2023 berücksichtigt. Dabei wurde zwischen Artikel 6 und Artikel 8/9 Fonds unterschieden. Es konnte die Rendite unterteilt werden zwischen dem Kapitalwachstum und der Ausschüttungsrendite auf Quartalsbasis. Die Renditeergebnisse für alle Fonds liegen für den Zeitraum Q2/2021 – Q2/2023 vor.

Die Ergebnisse zeigen, dass Artikel 6 Fonds pro Quartal ein durchschnittliches Kapitalwachstum von 0,61% aufweisen. Artikel 8 und 9 Fonds konnten lediglich ein Kapitalwachstum von 0,14% erzielen. Unter Beachtung der Ausschüttungsrenditen erzielten Artikel 6 Fonds einen Wert von 0,36% pro Quartal, während es bei den Artikel 8 und 9 Fonds sogar 0,54% waren. In Kombination der beiden Renditebestandteile wird somit ein durchschnittliches Quartalsergebnis von 0,97% bei den Artikel 6 Fonds und ein Wert von 0,68% bei den Artikel 8 und 9 Fonds erreicht. Die niedrigere Rendite von den Fonds mit Nachhaltigkeitsstrategie begründet sich dabei primär durch die schlechte Performance im Kapitalwachstum, da seit Q3 2022 durchgängig negative Renditen beobachtbar sind.

Zudem mangelt es aktuell an attraktiven Objekten für den Ankauf bedingt durch den Wegfall zahlreicher Projektentwicklungen und der weiterhin großen Diskrepanz in der Preisbildung. Eine ausführliche Analyse unter Hinzunahme von Daten von MSCI / Real Capital Analytics hat ergeben, dass für die 80 bestehenden Spezial-AIF mit einer Artikel 8 oder 9 Klassifizierung lediglich 90 Transaktionen beobachtet wurden. Im Vergleich dazu halten basierend auf der Analyse der Transaktionsdatenbank die knapp 30 offenen Publikums-AIF (vorwiegend Artikel 8 Fonds) über 140 Objekte.

Insgesamt verdeutlicht die bisherige Entwicklung, dass nachhaltige Spezial-AIFs auf vielversprechende Prinzipien setzen und das Potenzial haben, langfristig Vorteile zu bieten. Jedoch zeigen die aktuellen Marktgegebenheiten und Performance-Ergebnisse, dass eine Überrendite bisher nicht erreicht wurde. Die Immobilienfondsindustrie steht weiterhin vor der Herausforderung eine ausgewogene Balance zwischen Nachhaltigkeit und Rendite zu finden, um die Erwartungen der Investoren bestmöglich zu erfüllen.

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