Zukunftspotentiale von Fachmarkt­immobilien

01.12.2022

Autor

Maria Grubmüller

Maria Grubmüller

Senior Research Associate, Real Estate, Europe

Nuveen Real Estate

Blogbeitrag

Zukunftspotentiale von Fachmarkt­immobilien aus Investorensicht

Fachmarktzentren müssen sich stets neuen Her­ausforderungen stellen – gegenwärtig sind dies vornehmlich Klimaschutz, verändertes Verbraucherverhalten und Digitalisierung. Wie können In­vestoren sicherstellen, dass Handelsstandorte den geänderten ökologischen und gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht werden und weiterhin gesunde Erträge erwirtschaften?

Die Pandemie hat den Fokus auf sichere und nachhaltigere Investitionen verstärkt und viele Megatrends wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit merklich beschleunigt. Heute wird die Bewertung einer Handelsimmobilie nicht mehr allein durch die Lage und die Renditeerwartungen bestimmt, sondern zunehmend auch durch ihre Nachhaltigkeit und die Umsetzung der ESG-Kriterien. In den 80er-Jahren waren die sogenannten „ethischen Investments“ häufig mit Performance-Einbußen verbunden. Hier vollzieht sich eine Kehrtwende: Heute belegen zahlreiche Studien, dass mit der Berücksichtigung von ESG-Kriterien eine gleich gute, wenn nicht sogar ­bessere Performance bei oftmals geringerem Risiko erzielt werden kann. Wer rechtzeitig auf ESG setzt, wird Anleger und Konsumenten langfristig auf seiner Seite halten und weiterhin robuste Renditen erzielen können. Besonders viel Engagement muss dabei vor allem bei in die Jahre gekommenen Handelsimmobilien geleistet werden. Sie sind eine Assetklasse mit großem Flächenbestand und ermöglichen deshalb eine bedeutende Hebelwirkung durch ESG-konforme Bestandsoptimierung.

Handelsimmobilien im Sinne der EU-Taxonomie nachhaltig zu machen ist ein aufwendiges Unterfangen. Obwohl Fachmarktzentren weiterhin großes Interesse bei Investoren genießen und zu Höchstpreisen gehandelt werden, hinken sie im Rennen um die Nachhaltigkeit hinterher. Der Grund: Es fehlte der Veränderungs- und Transparenzdruck. Büroimmobilien rühmen sich bereits seit vielen Jahren, einen gewissen Nachhaltigkeitsstandard zu erfüllen und belegen dies mit unterschiedlichsten Zertifikaten. Bei Handelsimmobilien sind diese „Auszeichnungen“ eher spärlich gesät. Demzufolge gibt es kaum verlässliche Benchmarks, an denen sich Investoren orientieren können. Hinzu kommt, dass eine Zertifizierung relativ hohe Kosten verursacht, aber meist (noch) keinen definitiv höheren Ertrag liefert. Es bleibt die Frage, welche Maßnahmen im Einzelfall wirklich sinnvoll sind und wie sich Kosten und Nutzen die Waage halten können. Nicht zuletzt dürften auch die Finanzierung und damit die Fremdkapitalkosten für nachhaltige Immobilien günstiger und leichter werden, da seitens der EU derzeit eine geringere Eigenkapitalunterlegung bei grünen (Immobilien-)Krediten diskutiert wird.

Besonderheiten von ESG-Strategien bei Handels­immobilien:

  • Die Lebensdauer einiger Handelssegmente ist oft kurz. Discounter und einfache Fachmarktzentren weisen meist eine Gesamtnutzungsdauer von nur 30 bis 40 Jahren auf. Damit wird die Sinnhaftigkeit einer energetischen Sanierung zweifelhaft.
  • Der Mieter-Vermieter-Konflikt ist im Handel besonders relevant. Das Center-Management soll für eine ganzheitliche Optimierung der Nachhaltigkeit dieser Immobilien verantwortlich sein, obwohl die Emissionen der Allgemeinflächen kaum ins Gewicht fallen.
  • Die Emissionen für Kühlung und Leckagen sind wesentlich bei Handelsimmobilien. Hohe Verbräuche ermöglichen auch entsprechende Einsparungspotenziale.

Eines ist klar: ESG wird die Preisfindung und die Strategien der Endinvestoren und Projektentwickler künftig stark beeinflussen. Im Jahresverlauf 2022 sollte sich herauskristallisieren, welche Preisabschläge sich auf grund der EU-Taxonomie für ältere Bestandsobjekte ergeben und wie ESG-Konformität objektiv messbar und vergleichbar gemacht werden kann.

Auch wenn der Druck hin zu einer stärkeren Orientierung an ESG-Kriterien seitens der Investoren zunimmt, bleibt offen, welche denkbaren Renditeeinbußen für eine ESG-Strategie akzeptiert werden. Unabhängig davon ist es bei bestehenden und zukünftigen Handelsimmobilien von großer Bedeutung, nachhaltig mit Ressourcen umzugehen und den CO2-Fußabdruck über den gesamten Lebenszyklus zu berücksichtigen. Die Vorteile für den Werterhalt und der damit verbundenen Rentabilität einer Immobilie werden zum Aushängeschild für lautende und zukünftige Aktivitäten der Asset- und Fondsmanager werden.

Mögliche Vorteile für ESG-konforme Handelsimmobilien:

  • Emissionsreduktion/Umweltschutz
  • Höheres Mietwachstum
  • Geringere Leerstände
  • Werterhalt/Wertsteigerung
  • Reduzierung der Bewirtschaftungskosten
  • Sichere sowie ggf. ver­günstigte Finanzierung
  • Imagevorteile

Erfolgreiche Handelsstandorte jeder Art erfordern in Zukunft mehr denn je Flexibilität und die Koopera­tion aller Beteiligten, um den Anforderungen von Gesellschaft, Staat und Klima gerecht zu werden und gleichzeitig langfristige Erträge für Investoren zu erwirtschaften.

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