Chancen für europäische Büros

01.12.2022

Autor

Daniel Tomaselli

Daniel Tomaselli

Manager, Research

Principal Real Estate

Blogbeitrag

Unterschiedliche Entwicklung ­innerhalb des Sektors - Chancen für europäische Büros

Während der letzten zwei Jahre wurde die tradi­tionelle Nutzung von Büros durch die COVID-19-­Pandemie und hybrides Arbeiten auf den Prüf­stand gestellt. Zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus wurden nicht betriebsnotwendige Mitarbeiter angehalten, von zu Hause zu arbeiten. Folglich sank die Belegungsrate europäischer Büros während der Lockdowns in einstellige Bereiche. Gleichzeitig stiegen die Werte von Un­ternehmen, deren Technologien das Arbeiten im Homeoffice ermöglichten, um ein Vielfaches.

Europa hatte bis Ende 2021 mit mehreren Corona­wellen zu kämpfen, bis Europas Regierungen aufgrund der hohen Impfquoten ihre Volkswirtschaften wieder öffnen konnten und es ihren Bürgern ermöglichen konnten, schrittweise zum „normalen Leben“ zurückzukehren. Immobilieninvestoren müssen jedoch weiterhin eine Antwort auf eine der wichtigsten Herausforderungen des Sektors finden: Wird das tägliche Pendeln ins Büro, das vor COVID-19 „Normalität“ war, zurückkehren oder wird die beispiellose Verschiebung in Richtung mobiles Arbeiten die Büronachfrage in Zukunft zwangsläufig schwächen?

Die Frage ist nicht einfach zu beantworten. Büro­immobilien sind und bleiben fester Bestandteil unseres Lebens und wesentlicher Bestandteil europäischer Immobilienportfolios. Unsere „DIGITAL“-Investitionsstrategie1 zeigt jedoch immer deutlicher, dass es innerhalb des Sektors zunehmend zu einer Segmentierung sowie zu Unterschieden bei der Performance kommen wird, eine Entwicklung, die im Wesentlichen von Faktoren wie Qualität, Standort, Branche und Nutzung abhängen wird. Anders ausgedrückt: Büroimmobilien werden sich von einer fungiblen Handelsware zu einem multidimensionalen Produkt wandeln, dessen Nachfrage, Nutzen und Attraktivität weitgehend von seinen Merkmalen und Vorzügen abhängen wird.

Betrachtet man beispielsweise die Dimension Qualität, zeigt sich, dass ein Großteil der Bestandsflächen Europas nicht den gestiegenen Anforderungen an Qualität entspricht, ganz zu schweigen von den gestiegenen Anforderungen bezüglich Umweltfreundlichkeit und Energieeffizienz. Einerseits könnte eine Zunahme hybrider Arbeitsformen die Nachfrage nach Büroobjekten abschwächen, andererseits aber auch zu einer Konsolidierung führen, da das Angebot an höherwertigen Büroflächen begrenzt ist. Büroeigentümer sollten sicherstellen, dass ihre Büroflächen auch für diejenigen Mitarbeiter attraktiv sind, die vermehrt mobil arbeiten möchten. Dieser Trend dürfte sich in den kommenden Jahren noch verstärken, da ein wachsender Teil der Generation Z, der zwischen 1997 und 2012 geborenen Digital Natives ins Berufsleben eintreten wird. Für viele von ihnen könnten Kriterien wie Flexibilität, Standort und Nachhaltigkeit bei der Wahl ihres Arbeitgebers ebenso wichtig werden wie das Gehalt.

Die zunehmende Nachfrage nach höherwertigen Flächen mit besserer Ausstattung und höherem Komfort hatte bereits vor der Pandemie eingesetzt. Die Unterschiede bei den Mietpreisen zwischen neuen Objekten in guter Lage (Objekte, die höchstens zehn Jahre alt sind bzw. vor höchstens zehn Jahren renoviert wurden) und den übrigen Objekten im Markt wurden im Laufe der Zeit deutlich größer. Es ist zu erwarten, dass Büro­flächen zunehmend schneller veralten werden. Diese Entwicklung wird bspw. für Investoren mit hoher Risiko­bereitschaft interessante Investitionschancen bieten.

Innerstädtische Lagen in modernen Städten mit einer Vielzahl an hochwertigen Objekten und grünen Gebäuden, wie z. B. Frankfurt, London und Paris, werden von diesem Trend profitieren.

Wir gehen davon aus, dass Büroflächen von verschiedenen Branchen unterschiedlich nachgefragt werden. So wiesen beispielsweise wissensintensive Branchen eine deutlich geringere Homeofficequote auf, da in diesen Branchen für das Arbeiten spezielle Gerätschaften bzw. eine spezielle Ausstattung oder ein hohes Maß an Zusammenarbeit erforderlich sind. Weiterhin prognostizieren wir, dass sich der Dienstleistungssektor bald den Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung stellen muss. Nachdem sich im Laufe der letzten 25 Jahre der wachsende globale Warenhandel tiefgreifend auf den verarbeitenden Sektor ausgewirkt hat, wird die Globalisierung in Zukunft verstärkt im Dienstleistungssektor stattfinden und zu einem weiteren Anwachsen des Sektors führen. Damit eröffnen sich einerseits europäischen Unternehmen neue Möglichkeiten, andererseits aber werden sich Beschäftigte und Mieter, die in Branchen mit niedrigeren Handelsschranken tätig sind, z. B. Grafikdesign, Lektorat, Wirtschaftsprüfung und Rechnungsprüfung oder Finanzanalyse neuen Herausforderungen stellen müssen.

Es wird erwartet, dass der Pandemie bedingt beschleunigte Umschwung hin zu „mobilem Arbeiten“, in Teilen anhalten wird. Es ist jedoch wichtig zu erkennen, dass sie unterschiedliche Auswirkungen auf verschiedene Objekttypen haben wird. Das derzeitige Umfeld wird immer differenzierter, wobei Objektqualität, Beschäftigungsbranche und geografische Unterschiede wesentliche Unterscheidungsmerkmale darstellen. Um sicherzustellen, dass auch zukünftige Ankaufsobjekte optimal auf die strukturelle Entwicklung des Bürosektors der nächsten Jahrzehnte vorbereitet sind, wird zukünftig ein Top-Down-Investitionsansatz, wie unsere DIGITAL-Strategie in Kombination mit der Expertise lokaler Experten, noch entscheidender sein.

1 DIGITAL bezieht sich auf die wichtigsten langfristigen Wachstums­treiber: Demografie, Innovation, Globalisierung, Infrastruktur und Technologie

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