Digitale Ökosysteme für effektive Investments

01.12.2022

Autor

Marko Broschinski

Marko Broschinski

Managing Director

easol GmbH

Blogbeitrag

Digitale Ökosysteme für effektive Investments

Nur in einer idealen Welt existieren branchen­weite Datenstandards, die Transaktionen und das ­Asset Management von Immobilien nach demselben Schema ermöglichen. Exposés fallen unter­schiedlich aus, Steuern und Regulatorik variieren je nach Region, Reportings sind je nach Investo­rentyp verschieden. Umso mehr sollten professio­nelle Immobilienmanager auf digitale Ökosysteme setzen, die ihnen die unterschiedlichen Daten­ströme konsistent aufbereiten. Die Weiterentwick­lung dieser Lösungen findet bestenfalls in Nutzer­ communities statt – die ihrerseits Impulse in die Branche geben.

Institutionelle Investoren in Deutschland sind sich ­einig: Digitale Lösungen sind der entscheidende Wettbewerbsvorteil beim Sourcing, dem Asset-, Property- und Facility- Management von Immobilien. 80 Prozent von über 220 befragten Anlegern gaben dies in einer Patrizia-Umfrage vom Frühjahr 2022 zu Protokoll. Gleichwohl: Der Einsatz spezialisierter Software und die Zusammenführung der unterschiedlichen Datenströme zu einem gemeinsamen Ökosystem sind noch lange nicht Usus. 70 Prozent der befragten Asset- und Portfoliomanager nutzen einer Befragung von 2021 zufolge immer noch Excel für ihre Datenverwaltung – obgleich das Office-Produkt ab einer gewissen Port­foliogröße objektiv ungeeignet ist.

Dass Digitalisierung hierzulande nicht so effektiv erfolgt wie in anderen Nationen, hat auch strukturelle Gründe. Online-Grundbücher wie in Großbritannien stecken in Deutschland in den Kinderschuhen. ­Immobiliendaten im Vorfeld von Transaktionen ­landen exklusiv bei einzelnen Maklern statt in allgemeine Makler­pools zu fließen. Datentransparenz bei Miet­verhältnissen ist von der Bereitschaft des Mieters abhängig.

Plattformlösungen als Wendepunkt

Die bekannten Defizite sollten aber niemanden abschrecken. Institutionelle Anleger benötigen sowohl für ihr eigenes Portfoliomanagement bei direkten Anlagen als auch im Austausch mit ihrer KVG im Rahmen ihrer Fondsbeteiligungen spezialisierte Software. Diese sollte in erster Linie Andockmöglichkeiten für beteiligte Dienstleister bieten. So steht bestenfalls eine gemeinsame Lösung über den gesamten Investmentzyklus parat, die im Baukasten-System mehrere Spezial­softwares umfasst. Mindestens ebenso wichtig ist die Datenkompatibilität mit dem hauseigenen ERP-System als zentraler digitaler Verwaltungslösung. Beides setzt geeignete Schnittstellen, sogenannte APIs, ­voraus. Diese können zwar häufig individuell konfiguriert werden; weitaus praktischer sind jedoch offene Schnittstellen, wie sie beispielsweise die großen US-Konzerne nutzen, um spezialisierten Softwareanbietern Zutritt zu ihren Plattformen zu geben.

Hinter dem Gedanken offener Schnittstellen liegt das Prinzip der „shared economy“, die sich in der deutschen Immobilienwirtschaft erst nach und nach entwickelt. 2019 sagten zwei von drei Anlegern in einer Deloitte-Umfrage, dass strategische Allianzen für sie nicht infrage kommen. Offene Zugänge zu Platt­ formen, die Datenteilung und schließlich Ökosysteme zur gemeinsamen Wertschöpfung sind aber in anderen Wirtschaftszweigen bereits Alltag. Hierzulande arbeiten Branchennetzwerke als Community an der flächendeckenden Anwendung des Teilungsprinzips. Die Vorteile gegenseitiger Unterstützung liegen auf der Hand: Portfolios, die bislang ganz auf Wohnimmobilien zugeschnitten waren, können durch Software und Erfahrungswerte in der Community mühelos auf Gewerbeobjekte umschalten. Buchhaltungssysteme können rasch angepasst werden – beispielsweise auf HGB-Buchhaltung zusätzlich zur Fondsbuchhaltung. Der Wechsel zu einer neuen Service-KVG oder einem neuen Property Manager setzt keine aufwendige, manuelle Datenmigration mehr voraus, denn der neue Partner kann in dem Ökosystem mühelos integriert werden.

Kooperation für neue Herausforderungen

Die noch im Entwicklungsstadium befindliche ESG-­Regulatorik kann paradigmatisch für den Community-­ Ansatz stehen. Branchenakteure arbeiten noch vor dem Gesetzgeber an ESG-Kriterien im Immobilien­management und suchen zugleich nach ihrer digitalen Umsetzung. Jede der vielfältig verfügbaren ESG-­Software kommt der gesamten Community nur dann zugute, wenn eine Kooperation zwischen Nutzern und Produzenten auf Basis der neue Anwendungsfälle entsteht.

Dasselbe Prinzip ist auf das Reporting von Immobi­lienportfolios übertragbar. Die Heterogenität der Reporting-Methoden – von allgemeinen Standards wie INREV, gif/IDAlku oder BVI über die speziellen ­Herausforderungen nach Versicherungsaufsichtsgesetz, BaFin-Kennziffern, dem jeweiligen Steuerrecht bis hin zur ausländischen Regulatorik – verlangt bereits von Beginn an eine multifunktionale Software-­Lösung. Regulatorische Änderungen des Reportings und ihre digitale Umsetzung sind gleichwohl idealerweise wieder in der Community angesiedelt. Die daraus entstehende Datentransparenz schafft Sicherheit in den Investitionen und bietet den idealen Nährboden für die größtmögliche Wertschöpfung im Portfolio­management.

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