Immobilienmanagement und Due Diligences

12.06.2023

Autor

Rüdiger Hornung

Rüdiger Hornung

Partner

Wüest Partner

Blogbeitrag

Due Diligence ist der erste Schritt zu einem zukunftsorientierten Immobilienmanagement

Der regulatorische Druck auf Immobilien wird immer höher, das ist eine Konsequenz aus den ehrgeizigen Klimazielen der Bundesregierung. Um Gebäude in einem ersten Schritt in Sachen Nachhaltigkeit zu verorten, zählen Due Diligences zu einem der besten Mittel. Doch Carbon, Technical und ESG-Due Diligences sind längst nicht alle, die es gibt.

Wörter haben etwas mit Wertpapieren gemeinsam: Manche stehen hoch im Kurs, andere interessieren niemanden. Manche stehen für Risiko, wie Bonds von Entwicklungsländern, andere stehen für Stabilität, wie Anleihen aus Deutschland zum Beispiel. Klimaziele, Energieklasse, ESG und Due Diligence sind Ausdrücke, die gerade hoch im Kurs sind. Je nach Portfolio - und Temperament - bedeuten sie Risiko oder Stabilität.

Mitte März diesen Jahres entschied das EU-Parlament über die EPBD, dass ab 2027 alle Immobilien eine gewisse Energieklasse im Energieausweis vorzuweisen haben, und das EU-weit. Ein hohes Ziel: Aktuell haben 45 Prozent der deutschen Immobilien die problematischen Klassen E bis H. Und laut einer Umfrage von McMakler im November 2021 kannten nur 25 Prozent der Eigentümer:innen die Energieklasse ihrer Immobilie. Es bleibt also noch viel zu tun, um die Klimaziele der EU zu erreichen - und bei aktuell 18 Prozent Immobilien mit Energieklasse H ist die Gefahr groß, dass nicht wenige davon als Stranded Asset enden.

Andere assoziieren die Begrifflichkeiten im Bereich Nachhaltigkeit mit langfristiger Wertstabilität oder sogar potenziellem Wertzuwachs im Vergleich zu nicht nachhaltigen Liegenschaften. Denn wer nachweist, dass er mit den klimapolitischen Anforderungen Schritt hält, hat schon jetzt Vorteile finanzieller Art, wie einen erleichterten Zugang zu Krediten, der Möglichkeit die Liegenschaft in Fonds nach Artikel 8 und 9 aufzunehmen oder schlicht und einfach einen schnellen und lukrativen Verkaufsprozess zu erreichen.

Zum anderen bringt ein verlässlicher Überblick über die Klima-Compliance der eigenen Bestände ganz pragmatische Vorteile. Es ist so gut wie unmöglich, große Bestände ohne eine komplette digitale Erfassung klimagerecht zu sanieren, da ansonsten immer unklar bleibt, ob die notwendigen Investitionen auch wirklich in die effizientesten Maßnahmen und in die Liegenschaften fließen, wo sie am nötigsten gebraucht werden. Nur so entstehen die bestmöglichen Strategien zum Erreichen der eigenen wirtschaftlichen und der gesellschaftlichen Klimaziele.

Ohne Digitalisierung ist Klima-Compliance nicht möglich

Nur mit der strukturierten Erfassung von Gebäudedaten lässt sich präzise simulieren, welche energetische Maßnahmen am effizientesten sind - auch in puncto Kosten - und wann genau sie am besten durchgeführt werden sollten. Ohne die Gebäudesimulationen, die digital erfasste Daten erlaubt, würden Immobilienhalter:innen CO2-Absenkpfade aufs Geratewohl beschreiten. Mal Fenster austauschen, mal Lichtanlagen automatisieren oder Heizungsanlagen erneuern. Es wäre eine Abfolge von Sanierungsmaßnahmen, die wirtschaftlich unklar sind und von denen sie nur hoffen könnten, dass sie jedes Mal die vorgeschriebenen Emissionseinsparungen zur Folge haben. Mit guten Daten und digitalen Tools hingegen lässt sich die Auswirkung auf die Klima-Performance einer Immobilie vorhersagen.

Due Diligences als erster Schritt für ein gezieltes Immobilien-Management

Genau hier kommen Due Diligences, das heißt „sorgfältige Prüfungen“ ins Spiel. Ihr Zweck ist es, den Ist-Zustand einer Liegenschaft oder eines Portfolios im Bestand oder vor einer Transaktion durch einen Fachmann feststellen zu lassen und notwendige Handlungsempfehlungen zu geben. Sie sind der erste Schritt, um die passive Bestandsverwaltung zu verlassen, um Immobilien auf die Zukunft gerichtet zu managen.

Due Diligences decken viele Bereiche der Immobilieneigenschaften ab. Wer ein neues Portfolio übernimmt, ist etwa gut beraten, eine Technical Due Diligence durchzuführen. Damit erfahren Käufer:innen, welche Instandhaltungskosten sie in Zukunft erwarten, sei es bei Vorschriften wie Brandschutz, Baurecht oder technischen Defekten wie undichten Dächern. Mit einer Umwelt Due Diligence sehen Eigentümer, ob es Altlasten in Gebäudeteilen oder kontaminierte Böden gibt. Eine Legal Due Diligence prüft, ob juristisch alles einwandfrei ist: Angefangen von den Besitzverhältnissen über die Vollständigkeit aller Mietverträge bis zu regulatorischen Anforderungen des Gesetzgebers an den Eigentümer.

Carbon Due Diligences als zentraler Bausteine der ESG-Beurteilung

Aktuell ist die Carbon Due Diligence (CDD) eine der am häufigsten gefragten Prüfungen. Sie erlaubt es, die energetische Qualität und den CO2-Bedarf von Liegenschaften festzustellen, und mit den politischen und regulatorischen Anforderungen - z. B. dem CREEM-Pfad - abzugleichen. Mehr noch, sie soll es dem Eigentümer oder Käufer ermöglichen, die Kosten für die Einhaltung der energetischen Anforderungen in den kommenden Jahren einzuschätzen. Ein weiterer Vorteil einer CDD ist, dass sie neben weiteren Aspekten aus den Bereichen Social und Governance einen zentralen Baustein eines jeden ESG-Ratings darstellt. Außerdem deckt sie das 1. Schutzziel „Klimaschutz“ der EU-Taxonomie ab.

Eine konsequente digitale Erfassung erlaubt mehrfache Nutzung der Daten

Es gibt also viele unterschiedliche Analysen, für die Gebäudedaten aufgenommen werden müssen und diese Aufnahmen kosten jedes Mal viel Geld. Außerdem kann es sein, dass in verschiedenen Prüfungen wie z. B. der Technical Due Diligence (TDD) und der Carbon Due Diligence (CDD) oder auch der Environmental Due Diligence (EDD) die gleichen Tatbestände geprüft werden und im schlechtesten Fall sogar mehrfach bewertet werden. So gehört der Austausch einer alten Ölheizung z. B. mindestens in die TDD als auch in die CDD oder der Austausch eines klimaschädlichen Kühlmittels in eine EDD und in eine CDD.

Ziel muss es daher sein, dass die Immobilienberater:innen vor Ort mit einer digitalen Erfassung von Liegenschaften während der Besichtigung gleich mehrere Prüfungen durchführen. Die Gebäude werden dann bauteilbezogen von der Fassade bis zur Haustechnik und der Ausstattung bei Begehung digital erfasst. Durch Gespräche mit den Property-Manager:innen werden die entstehenden Datensätze überprüft und ergänzt und die Daten zentral in einer Real Estate Management Plattform abgelegt. Zur Weiterverarbeitung kann dann, z. B. zur Berechnung der CO2-Absenkpfade oder der Erstellung von ESG-Ratings, darauf zugegriffen werden. Einmal digital erfasst, bieten sich viele Möglichkeiten.

Ein Aspekt der Carbon Due Diligence fehlt noch

Jetzt könnte man meinen, es gäbe genug Prüfungen und die komplexe Materie der Immobilie sei damit hinreichend erfasst. Doch aus Sicht von Wüest Partner müssen die derzeit auf den Betrieb reduzierten gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf CO2 noch um den Lebenszyklusgedanken ergänzt werden. Denn bei all dem Raum, den die Klimafrage in der Immobilienbranche vollkommen zu Recht einnimmt, bleibt bei der Politik ein großer blinder Fleck: Der CO2-Fußabdruck der eingesetzten Baustoffe wird in den Energieklassen bis jetzt noch nicht berücksichtigt. Wieviel CO2-Emissionen Beton, Zement und Stahl in ihrer Herstellung für Neubauten oder Sanierungen verursachen, wie lange sie genutzt werden und ob sie am Ende recycelt werden können – das alles, auch Graue Energie genannt - geht noch zu wenig in die derzeitigen CO2-Betrachtungen ein.

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