Logistik: Neue Chancen außerhalb des Mainstreams

22.11.2021

Autor

Matthias Düsing

Matthias Düsing

Senior Research Analyst Europe

Savills Investment Management

Blogbeitrag

Der Industrie- und Logistiksektor gilt als „Krisengewinner“. Die Assetklasse ist inzwischen ein fester Bestandteil in den Immobilienportfolios institutioneller Investoren und wird aller Voraussicht nach auch 2022 hoch im Kurs stehen. Aus guten Gründen: Sie wies in den letzten Jahren sowohl absolut als auch relativ eine starke Ertragsperformance vor. Wesentliche Grundlage hierfür bilden die, trotz globaler Rezession, günstigen nachfrage- und angebotsseitigen Fundamentaldaten an den Vermietungsmärkten.

Fundamentaldaten sprechen für sich

Der Nutzermarkt profitiert kurzfristig von der wirtschaftlichen Erholung. Langfristig wird die Nachfrage durch den beschleunigten Güter- und Warentransfer, der damit einhergehenden Nachfrage des Kontraktlogistiksektors und dem omnipräsenten E-Commerce-Boom weiter angetrieben. Urbanisierung und Verknappung von gewerblichem Bauland in Verbindung mit niedrigen Leerstandsquoten halten das Angebotsrisiko nachhaltig niedrig.

Für institutionelle Investoren sehen wir daher auch weiterhin einen überzeugenden Investmentcase im Kauf und in der Errichtung moderner und ESG-konformer Logistik- und Distributionsimmobilien in den relevanten europäischen Logistikclustern - allerdings ist zunehmend Selektion gefragt.

Steigende Risiken im Core-Segment

Vor dem Hintergrund des umfangreichen Kapitalzuflusses in den Sektor wirken Multiplikatoren und Bewertungen stellenweise zunehmend allzu optimistisch. Die Nettoanfangsrenditen für Core-Immobilien haben in den Kernmärkten die niedrigen 3 Prozent erreicht und sind auch für weniger attraktive Lagen oder ältere Gebäude im Core-Plus und Value-Add Segment deutlich komprimiert. Bei gleichzeitig nur moderaten Mietwachstumsaussichten mahnen wir daher zu mehr Augenmaß im Mainstream-Segment der "Big Box"-Logistik, insbesondere bei reinen Lagerhallen mit entsprechendem Obsoleszenzrisiko.

Die Erzielung höherer Erträge wird neben einer disziplinierten Ankaufspolitik durch die Fähigkeit bestimmt, die richtigen Trends frühzeitig zu erkennen sowie Mietwachstum und Kapitalwerte zu generieren. Aktivere Strategien außerhalb des Core- und Core-Plus-Risikospektrums gewinnen entsprechend deutlich an Bedeutung, um unter den gegebenen Marktbedingungen höhere risikoadjustierte Renditen zu erzielen.

Diversifikation in Wachstumssegmente

Investoren können dabei die volle Breite des Marktes nutzen. Hier seien die urbane Logistik der „letzten Meile“, Light Industrial (deutsch: Unternehmensimmobilien) und Kühllogistik genannt. Diese sich entwickelnden Bereiche profitieren von säkularen Nachfragetreibern wie dem E-Commerce und dem Umstand, dass gewerbliches Bauland in urbanen Ballungszentren ein knappes und umkämpftes Gut ist (siehe Abbildung 1).

Was all diese Teilsegmente eint, ist ihre Kleinteiligkeit und erhöhte Intensität im Asset Management. Zur Realisierung der Kapitalwertsteigerung und des Mietanpassungspotenzials sind Ansätze jenseits des reinen "Buy-and-Hold" von Nöten, zum Beispiel im aktiveren 'Manage-to-Core'- und 'Build-to-Core'-Stil. Die damit einhergehende höhere Komplexität, etwa bei der Entwicklung von Brownfields, Vermietung und Verwaltung und das höhere Liquiditätsrisiko bei der Veräußerung, wird durch einen erheblichen Aufschlag gegenüber herkömmlichen Core-Strategien kompensiert.

Diese Nischen eignen sich damit unserer Ansicht nach hervorragend als Ergänzung zu bestehenden Core-Logistikportfolios und der Verbesserung des Risikoertragsprofils.

Veränderung Einwohner vs. Industrie- und Gewerbeflächen in ausgewählten deutschen Metropolen* (2000-2016 %, kumuliert)

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