Neue Standortrisiken aufgrund von Biodiversität

28.06.2024

Autor

Christiane Conrads, LL.M.

Christiane Conrads, LL.M.

Partner | Global Real Estate Sustainability Leader

PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Blogbeitrag

Neue Standortrisiken aufgrund von Biodiversität

Die Immobilienwirtschaft ist aufgrund ihres hohen Ressourcen- und Flächenverbrauchs einer der Hauptverursacher des Biodiversitätsverlusts. Gleichzeitig ist sie jedoch stark von einer intakten Biodiversität und funktionierenden Ökosystemen abhängig. Angesichts dieser Wechselwirkung gewinnt die Berücksichtigung von Biodiversitätsrisiken im Rahmen des Risikomanagements zunehmend an Bedeutung. Dieser Beitrag gibt einen ersten Überblick über physische und transitorische Standortrisiken aufgrund des Biodiversitätsverlusts und gibt einen kurzen Ausblick auf verschiedene Lösungsansätze.

Biodiversität umfasst die Vielfalt des Lebens in all seinen Formen, einschließlich Arten, genetischer Variationen und Ökosysteme. Laut Schätzungen der Weltbank könnte der fortschreitende Verlust an Biodiversität bis 2030 jährlich bis zu 2,7 Billionen US-Dollar kosten1 . Der Anteil der Immobilienwirtschaft am globalen Biodiversitätsverlust beträgt knapp 30% (vgl. World Economic Forum 2020). Neben dem Klimawandel, der Umweltverschmutzung und der Ausbreitung invasiver Arten ist die Immobilienwirtschaft somit einer der Hauptverursacher des Biodiversitätsverlusts.

A.Physische und transitorische Biodiversitätsrisiken

Physische und transitorische Biodiversitätsrisiken spielen eine immer wichtigere Rolle im Risikomanagement von Projektentwicklern, Immobilienbestandshaltern und -investoren:

Physische Risiken umfassen insbesondere Klimarisiken wie Hitze, Starkregen und Überflutungen. Diese Risiken werden durch den Verlust von Ökosystemdienstleistungen wie Wasserrückhaltung und Bodenerosionskontrolle verstärkt, was zu erhöhten Objektrisiken in Form von Überschwemmungen und Erdrutschen führt. Ein Mangel an Grünflächen in städtischen Gebieten hat höhere Temperaturen und damit einhergehende gesundheitlichen Belastungen in urbanen Gebieten zur Folge (sog. Wärmeinsel-Effekt). Im letzten Jahr gab es in Deutschland laut Bundesgesundheitsministerium 3.200 Hitzetote. Ein weiteres physisches Risiko besteht letztlich auch in der Gefährdung der Objektfertigstellung und -versorgung aufgrund der zunehmenden Ressourcenverknappung.

Des Weiteren nehmen auch transitorische Biodiversitätsrisiken zu. Es gibt zahlreiche Gesetzgebungsvorhaben auf EU- und nationaler Ebene zur Umsetzung des Kunming-Montreal Global Biodiversity Frameworks. Diese legen neben steigenden Berichtspflichten den Fokus auf Flächeneinsparung, Aufwertung vorhandener Flächen, Ausweisung von Schutzgebieten, Bepflanzung zur Kühlung und Verschattung (insbesondere in städtischen Gebieten) sowie der Vernetzung von Ökosystemen. Ein Beispiel ist der Entwurf des EU Nature Restoration Law.

Im April 2024 gab es eine wegweisende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die das Recht auf Schutz vor den Folgen des Klimawandels betont. Angesichts des engen Zusammenhangs zwischen Klima- und Biodiversitätsschutz ist zu erwarten, dass auch der Schutz vor den Folgen des Biodiversitätsverlusts als Menschenrecht anerkannt wird. Dies wird voraussichtlich zu weiteren regulatorischen Vorgaben und einem erhöhten Haftungsrisiko für die Immobilienwirtschaft führen.

B. Ausblick

Angesichts des dringenden Handlungsbedarfs und der Komplexität des Themas gilt es, verschiedene Lösungsansätze zu verfolgen. Die Immobilienwirtschaft wird sich auf neue Rahmenbedingungen einstellen und ganzheitliche Betrachtungen im Rahmen einer Ökobilanz vornehmen müssen. Kurzfristig gilt es vor allem, negative Wechselwirkungen zwischen Klimakrise und Biodiversitätsverlust zu betrachten und zu vermeiden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei allen Geschäftstätigkeiten einen Biodiversitätsverlust zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren ist. Parallel dazu gilt es, Maßnahmen – etwa in Form von Grünflächen – zu fördern, die einen positiven Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität leisten.

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