Supermarkt - zwischen Klimaschutz und Kaufpreis

29.08.2022

Autor

Gregor Volk

Gregor Volk

Geschäftsführender Gesellschafter

RAM INVEST GmbH & Co. KG

Blogbeitrag

Der Supermarkt im Spannungsfeld zwischen Klimaschutz und Kaufpreisentwicklung

Deutschland ist und bleibt ein gefragter Investitionsstandort für Kapital aus dem In- und Ausland. Das Interesse an Fach-, Bau- und insbesondere Lebensmittelmärkten übersteigt das verfügbare Angebot deutlich. Das krisensichere Investment mit langen Mietvertragslaufzeiten und bonitätsstarken Mietern ist mittlerweile fest verankert in der Allokation der großen Kapitalsammelstellen. Entsprechend stark stieg 2021 der Anteil der Supermärkte und Discounter am gesamten Einzelhandelstransaktions­volumen. Im zweiten Jahr der Pandemie haben sich die durchschnittlichen Nettoanfangsrenditen der Supermärkte sprunghaft und signifikant um 1,2 Prozentpunkte auf 3,6% nach unten entwickelt. Diese deutliche Renditekompression spiegelt das große Vertrauen der Investoren in die deutschen Lebensmittelmärkte und deren verlässliche Mietcashflows wider.

Dem Handel begegnen, aufgrund dieser starken Kaufpreisentwicklung, zusätzliche Herausforderungen. Ständig müssen Händler schnell und flexibel auf neue Entwicklungen am Markt und auf Veränderungen im Kundenverhalten reagieren. Hierbei stehen mittlerweile nicht nur aktives Flächenmanagement und Bestandsoptimierungen im Vordergrund. Weitreichende energetische Sanierungen mit einer Umsetzung von wesentlichen Energieeffizienzmaßnahmen bei der Gebäudetechnik, der Beleuchtung sowie der Kältetechnik beschäftigen den Handel ebenfalls. Zu berücksichtigende Kriterien für diese Investitionen sind der Mietvertrag, die Gebäudequalität bzw. das Alter der Immobilie, Umsatzerwartungen, das Format der Fläche und der Standort. Hohe Bau- und Modernisierungskosten, die grundsätzliche Verfügbarkeit von Gewerken und lange Genehmigungsverfahren wirken sich negativ aus. Es stellt sich die Frage, wer die notwendigen Investitionskosten tragen kann und will. Mit der Novellierung des Klimaschutzgesetzes (KSG) am 31. August 2021 verschärfte die Bundesregierung die Klimaschutzvorgaben und verschob das Ziel der Treibhausgasneutralität von 2050 auf 2045. Einen besonderen Stellenwert bei der Erreichung der ambitionierten CO2-Reduktionsziele haben hier die Immobilien des Lebensmitteleinzelhandels. Die Gründe dafür sind die Großflächigkeit, die hohe Technisierung und die besondere gesellschaftliche Relevanz.

Der Gesetzgeber erachtet höhere Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden als notwendig für die Zielerreichung. Ab dem 1. Januar 2025 sollen alle Neubauten den Effizienzhaus-40-Standard (EH-40-Standard) einhalten. Bereits ab 1. Januar 2024 sollen wesentliche Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden mindestens dem EH-70-Standard entsprechen. Zudem ist eine weitere Erhöhung der Energieeffizienzanforderungen an gewerblich genutzte Gebäude über eine Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) vorgesehen. Zukünftige Sofortmaßnahmen im Bereich Klima und Energie beinhalten unter anderem Vorgaben zur obligatorischen Photovoltaikinstallation bei Neubauten. Zudem werden der Handel und die Eigentümer unter bestimmten Bedingungen schon jetzt von der Politik zum Aufbau von Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge verpflichtet.

Durch fachkundiges Energiemonitoring seitens des Handels wurden bereits erhebliche Energieeinsparpotenziale identifiziert und gehoben. Das Optimierungspotenzial ist jedoch weiterhin hoch. Dabei besteht eine große Diskrepanz zwischen Neubau und Bestandsobjekten. Bei Neubauprojekten können von Anfang an optimale Bedingungen für einen energieeffizienten und klima­schonenden Betrieb geschaffen werden. Die Wärmerückgewinnung beispielsweise stellt inzwischen keine große Herausforderung dar. Zunehmend gelingt es dadurch, die Supermärkte zu 100% über eine Wärmerückgewinnung zu beheizen und somit einen Gasanschluss bzw. eine externe Wärmezufuhr verzichtbar zu machen. Mit Einhaltung des EH-40-Standards inklusive der Nutzung einer eigenen Photovoltaikanlage sollte die Immobilie langfristig den Dekarbonisierungspfad zur Erreichung des Klimaziels einhalten können.

Die im Bestand befindlichen Immobilien werden sich zukünftig der Herausforderung einer klimazielentsprechenden Sanierung stellen müssen. Hierbei liegt die Verantwortung sowohl beim Eigentümer als auch beim Mieter. In Abhängigkeit des Zustandes der Bausubstanz sowie der bereits vorhandenen Anlagentechnik müssen die Investitionen kalkuliert und für beide Seiten tragfähig sein. Auch die Alternative eines Abriss-Neubaus ist hierbei zu berücksichtigen. Lange Amortisationszeiten in Kombination mit einem bestehenden Mietverhältnis stellen schwierige Voraussetzungen für umfangreiche Energieeffizienzinvestitionen dar.

Aufgrund der Höhe des zu verwaltenden Volumens sowie ihrer Funktion als Schnittstelle zwischen Anlegern und Nutzern, liegt eine hohe Verantwortung für die Erreichung der Klimaziele bei den Vermögensverwaltern. Die Integration umweltbezogener, sozialer und gesellschaftlicher Aspekte in strategische und operative Prozesse ist von hoher Bedeutung, sollte aber nicht auf kurzfristige Wertsteigerungen, sondern auf eine verantwortungsvolle und dauerhaft wertschöpfende Unternehmensführung ausgerichtet sein. Im Ankauf von Immobilien und in der Erstellung der objektspezifischen Business Pläne sollten, insbesondere bei Bestandsimmobilien, die Aspekte zur Einhaltung des Klimaziels Berücksichtigung finden. In Anbetracht der rasant gestiegenen und nicht fundamental begründbaren Kaufpreisfaktoren bleibt hierbei kaum noch Luft für teure Sanierungen. Am Ende des Tages wird die Last durch niedrigere Renditen auf Seiten der Vorsorgesparer zum einen und zum anderen durch höhere Produktpreise in den Regalen der Supermärkte durch die Konsumenten getragen werden.

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