Transformation von Büroimmobilien zur Klimaneutralität

11.01.2024

Autor

Prof. Dr. Michael Becken

Prof. Dr. Michael Becken

Geschäftsführender Gesellschafter

BECKEN Invest GmbH

Blogbeitrag

Transformation von Büroimmobilien zur Klimaneutralität

Die EU-Taxonomie beschäftigt seit einigen Jahren viele Bestandshalter von Immobilien, insbesondere all jene, die Gewerbe und allem voran Büroimmobilien ihr Eigen nennen. Das Thema Nachhaltigkeit und dessen Bedeutung für die Immobilienwirtschaft hat einen deutlichen Schub erhalten. Oberste Zielsetzung ist die Klimaneutralität bis zum Jahr 2045. Das Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden und das Investment in Immobilien verfolgen einheitlich nachhaltige Ziele. Damit stehen Aspekte der Ressourcenschonung und einer gesunden Gesellschaft mehr denn je im Zentrum ganzheitlicher Businessstrategien. Als besonders herausfordernd erweisen sich Immobilienbestände, da diese, um Klimaneutral zu werden und nicht zu „stranden“, zur Klimaneutralität transformiert werden müssen. Es stellt sich somit die Frage, wie dies erfolgreich umgesetzt werden kann.

Die Immobilienwirtschaft steht besonders im Fokus, da Immobilien für etwa ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich sind. Auf globaler Ebene sind Immobilien für rund 40 % des Energieverbrauchs verantwortlich. Dreh- und Angelpunkt der Ressourcen- und Klimaschonung ist die Reduktion des CO2-Ausstoßes bei der Realisierung und dem Betreiben von Gebäuden. Für bestehende Gebäude bedeutet dies, dass diese entsprechend revitalisiert werden müssen, um auf dem Klimapfad zu bleiben. Die Nachhaltigkeitsbewertung von Bestandsgebäuden sollte in Deutschland anhand von bewährten Kriterien integraler Bestandteil jeder Investitionsstrategie sowie Ankaufsentscheidung aber auch der Wirtschafts- und CapEx-Planung von Bestandsobjekten sein.

Ziel sollte es zunächst sein, das Objekt so lange wie möglich auf dem europäischen Klimapfad zu halten und damit den Zeitpunkt des „Strandens“ zeitlich nach hinten zu verschieben. Dies wird nur durch entsprechende Modernisierungen und Ertüchtigungen des Gebäudes möglich sein, die optimalerweise mit einem Mieterwechsel oder einer ohnehin notwendig werdenden Instandsetzung von Teilflächen erfolgen kann.

Im Rahmen der Mehrjahresplanung sollten vor diesem Hintergrund die Qualitäten und Eigenschaften des Objekts an den Nachhaltigkeitsanforderungen gemessen werden und mit aktuell relevanten ESG-Kriterien auf Gebäudeebene abgeglichen werden. Dies sollte zunächst durch einen entsprechenden ESG-Check unter Berücksichtigung aktueller regulatorischer Anforderungen im Hinblick auf die Gebäudequalitäten erfolgen. Im Rahmen dieser Prüfung sollten insbesondere die Analyse der CO2-Emissionen und die Vereinbarung mit der EU-Taxonomie durchgeführt werden, um zu erfahren, inwieweit die gegenwärtigen Anforderungen der EU-Taxonomie eingehalten werden und welche Maßnahmen erforderlich werden, um auf dem Klimapfad zu bleiben. In der Regel ist das Ergebnis der Analyse der aktuell gegebene „Stranding Point“, den es nunmehr zu verschieben gilt. Für diese erste Indikation der Nachhaltigkeit sollte das Objekt auf Basis der aus den Objektunterlagen erkennbaren Qualitäten, insbesondere den jährlichen Verbrauchsdaten untersucht werden. Dies kann entweder durch eine entsprechende Begutachtung des Objekts erfolgen oder mittlerweile auch durch den Einsatz am Markt vorhandener Analysetools und Software.

Die erfolgte Analyse sollte im Idealfall notwendig werdende Maßnahmen aufzeigen, die den „Stranding Point“ zeitlich nach hinten verschieben und das Objekt auf dem Klimapfad halten. Dazu sollten sich zunächst Qualitäten herauskristallisieren, welche die Umwelt und den Klimaschutz betreffen (E):

  • Fernwärme
  • Energieeffiziente Gebäudehülle
  • Getrennte Entsorgung mehrerer Abfallströme
  • Außenliegender Sonnenschutz
  • Energiesparende Leuchtmittel im gesamten Objekt
  • Dachbegrünung
  • Schadstoffgutachten wurde erstellt
  • Bezug von Ökostrom im gesamten Objekt

Darüber hinaus gilt es Qualitäten zu identifizieren, die sich an die Gebäudenutzenden richten (S):

  • Hohes Maß an Barrierefreiheit
  • Ausreichend Parkmöglichkeiten für Pkw und Fahrräder
  • E-Ladestationen für Pkw
  • Sicherheitsfeatures (Zugangskontrolle und Außenraumbeleuchtung)
  • Grünflächen mit Ausstattungselementen
  • Blendschutz für alle Arbeitsplätze

Zu guter Letzt braucht es Qualitäten, die sich an den Betrieb richten (G):

  • Digitale Regelung der Anlagengruppen für RLT, Heizung und Sonnenschutz
  • Integration von Green Clauses „Nachhaltigkeitsregelungen“ in den Mietverträgen
  • Regelmäßige Schadstoffgutachtenerstellung

Nachdem identifiziert wurde, welche konkreten ESG-Maßnahmen im jeweiligen Bestandsobjekt notwendig werden, ist eine entsprechende Planung und Umsetzung möglich. Je nach Gebäudequalität wird das Maßnahmenpaket entsprechend größer oder kleiner ausfallen. In der Regel dürfte der Bestandshalter aber noch ausreichend Zeit haben, um die notwendigen Maßnahmen anzugehen. Ohne eine entsprechende Transformation zur Klimaneutralität dürfte jedoch feststehen, dass derartige Objekte künftig nicht vermietbar und nicht mehr rentabel sein werden.

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