Aus dem Blickwinkel der Verwahrstelle: Infrastruktur als Assetklasse

08.11.2023

Autor

Julia Eickmeyer

Julia Eickmeyer

Head of Relationship Management
Real Assets Germany

Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG

Blogbeitrag

Aus dem Blickwinkel der Verwahrstelle: Infrastruktur als Assetklasse

Investitionen in die Assetklasse Infrastruktur sind im Bereich der „Real Assets“ nicht erst seit gestern eine attraktive Anlagemöglichkeit. Insbesondere in Zeiten gestiegener Zinsen und einer hohen Inflation bieten Investitionen in beispielsweise Wind- oder Wasserkraftanlagen die Möglichkeit, Portfolien institutioneller Investoren zu diversifizieren.

Infrastrukturinvestments sind jedoch nicht nur aufgrund stabiler Renditen und der Möglichkeit von staatlichen Förderungen profitieren zu können, bedeutsam. Sie erfüllen auch einen gesellschaftlichen Zweck. Der Bedarf an Investitionen am Standort Deutschland ist enorm – auch wegen des Ziels im Jahr 2045 klimaneutral zu sein. Bei der Erreichung dieses Ziels wird die deutsche Fondsbranche eine zentrale Rolle spielen. Doch um den gewünschten Beitrag zur Energiewende leisten zu können, bedarf es nicht zuletzt umfangreiche regulatorische Anpassungen.

Während Infrastrukturfonds bisher vermehrt am Fondsstandort Luxemburg aufgelegt werden, verfolgte die Einführung des Fondsstandortgesetzes im August 2021 das Ziel, den Fondsstandort Deutschland für diese Assetklasse attraktiver zu gestalten. Eine der Maßnahmen ist die Möglichkeit der Auflage von Infrastruktur-Sondervermögen. Dieses neu geschaffene Fondsvehikel ist auch eine Antwort auf die Initiativen auf europäischer Ebene. Dort ist es für Privatanleger zu Erleichterungen im Hinblick auf die Investition in europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF) gekommen.

Das Infrastruktur-Sondervermögen ermöglicht es ebenfalls, Privatanlegern sich an Infrastrukturprojekten zu beteiligen. Systematisch knüpft es an die Regelungen des Immobilien-Sondervermögens an, unterscheidet sich jedoch in einigen wesentlichen Punkten. Die Rücknahme von Anteilen ist beispielweise nur zu bestimmten Rücknahmeterminen, jedoch höchstens einmal halbjährlich und mindestens einmal jährlich möglich.

Nicht ganz unkritisch zu betrachten ist die Tatsache, dass es über Infrastruktur-Sondervermögen bislang nicht möglich ist, zu 100% in Infrastruktur-Vermögensanlagen zu investieren. Dies ist ein Beispiel dafür, dass das Fondsstandortgesetz allein nicht zu einer Transformation des Fondsstandortes Deutschland führen wird. Doch auch das geplante Zukunftsfinanzierungsgesetz enthält weitere vielversprechende Vorschläge, Infrastrukturinvestments zu erleichtern. Diese Vorschläge gilt es dennoch kritisch zu hinterfragen, insbesondere im Hinblick auf deren mögliche praktische Umsetzung.

Aus Sicht der Verwahrstelle sollte insbesondere das Thema der Bewertung der Assets mit großer Sorgfalt betrachtet werden, um mögliche Risiken frühzeitig zu identifizieren. Bei Investitionen in Infrastruktur handelt es sich stets um eine langfristige Investitionsentscheidung. Eine Umwandlung der Assets in eine andere Nutzungsart – wie wir es regelmäßig im Bereich der Immobilie sehen – erscheint hier schwer bis unmöglich.

Im Hinblick auf die Bewertung der Vermögensgegenstände erscheint es zudem wenig sinnvoll, auf die Regelungen für Immobilien im KAGB zu verweisen. Auch der Tatsache, dass im Bereich Infrastruktur Investitionen meist über Projektgesellschaften getätigt werden, sollte Beachtung geschenkt werden. Als Verwahrstelle gilt es beispielweise klar zu unterscheiden, inwiefern sich eine Infrastruktur-Projektgesellschaft gleichzeitig als Immobilien-Gesellschaft nach dem KAGB qualifiziert oder vielmehr den Charakter einer unternehmerischen Beteiligung hat. Trifft Letzteres zu, so fallen Verfügungen nicht unter die Kontrollpflicht der Verwahrstelle. Anlagegrenzen, die für Immobilien-Gesellschaften gelten, sind in diesem Falle ebenfalls nicht anzuwenden. Allein diese beiden Beispiele zeigen, dass sich die Verwahrstellen, aber auch andere Markteilnehmer, mit den jeweiligen Besonderheiten der Assetklassen auseinandersetzen sollten. Auch wenn vermehrt die Möglichkeit besteht, Investitionen in Infrastruktur über Immobilienfonds abzubilden, wie etwa über offene inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen, die gemäß § 284 Abs. 2 Nr. 2 h) KAGB in Infrastruktur-Projektgesellschaften investieren können, sind die beiden Assetklassen nicht miteinander gleich zu setzen. Um dies sicherzustellen, wären mit der Einführung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes auch weitere Anpassungen im KAGB wünschenswert.

Klar ist: Eine einfache Erweiterung der deutschen Fondsproduktpalette und des jeweiligen Anlagenkatalogs wird nicht ausreichend sein, um Infrastrukturinvestments am Fondsstandort Deutschland weiter zu stärken und zu vereinfachen. Auch das Erfordernis, die einschlägige Regulierung auf Anlegerseite, die beispielsweise Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke betrifft, entsprechend zu harmonisieren, wird für die Fondsbranche von entscheidender Bedeutung sein. Hierbei ist insbesondere an die Anlageverordnung, aber auch das Investmentsteuerrecht zu denken. Daher ist es für KVGen, Assetmanager, Anleger und Verwahrstellen wichtig, sich intensiv mit den operativen Rahmenbedingungen der Assetklasse Infrastruktur auseinanderzusetzen.

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