Dekarbonisierung ist das Gebot der Stunde

18.10.2021

Autor

Dr. Christoph Holzmann MRICS

Dr. Christoph Holzmann MRICS

COO

Union Investment Real Estate GmbH

Blogbeitrag

Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum deutschen Klimaschutzgesetz zeigt es noch einmal mehr als deutlich: Um die ambitionierten Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen, dürften in den kommenden Jahren lokale Gesetze, Verordnungen und Bauvorschriften der Mitgliedsstaaten immer weiter verschärft werden.

So sieht der Entwurf des neuen Bundes-Klimaschutzgesetzes eine Senkung der Treibhausgasemissionen von mindestens 65 Prozent bis zum Jahr 2030 vor - gegenüber 1990. Das sind satte zehn Prozentpunkte mehr als im aktuellen Gesetz festgeschrieben sind. Bis zum Jahr 2040 sollen mindestens 88 Prozent eingespart werden (18 Prozentpunkte mehr) und bis zum Jahr 2045, fünf Jahre früher als zuletzt vorgesehen, sind die Emissionen so weit zu mindern, dass Netto-Treibhausgas-Neutralität erreicht wird. Welche Maßnahmen dafür notwendig sind, ist in Deutschland noch offen - doch das dürfte erst der Anfang sein. Andere Länder werden folgen.


Nicht auszuschließen ist zudem, dass die Bestimmungen des Klimaschutzgesetzes mit Sanktionen verbunden werden, wenn Bestandshalter ihr Portfolio nicht entlang des aufgezeigten Klimapfads weiterentwickeln. In einigen Ländern wurden bereits entsprechende Gesetze verabschiedet: Die Stadt New York beispielsweise schreibt vor, dass alle Gebäude über 25.000 m2 bis zum Jahr 2030 ihre CO2-Emissionen um 40 Prozent senken müssen oder andernfalls mit hohen Strafzahlungen belegt werden. An der Dekarbonisierung der Immobilienbestände führt darum kein Weg vorbei. Zumal auch immer mehr Großunternehmen ambitionierte Nachhaltigkeitsziele verfolgen und den Druck auf Flächenanbieter zur Optimierung ihrer Immobilien erhöhen dürften.

Auf der Produktebene werden die Regelungen ebenfalls verschärft. Der europäische Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums (EU Action Plan on Sustainable Finance) wird stringent umgesetzt. Am 10. März dieses Jahres ist bereits die Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor, auch SFDR-Verordnung genannt, in Kraft getreten. Sie regelt, welche Informationen Finanzdienstleister in Sachen Nachhaltigkeit ihrer Strategien, Prozesse und Produkte künftig veröffentlichen müssen.

Die Finanzprodukte werden dabei in drei Kategorien unterteilt:

  1. Finanzprodukte, die mit ökologischen und/oder sozialen Merkmalen beworben werden (Art. 8 der Offenlegungsverordnung)
  2. Finanzprodukte, die eine nachhaltige Investition anstreben und damit die Erreichung ökologischer beziehungswiese sozialer Ziele (Art. 9 OffVO)
  3. Alle übrigen Finanzprodukte (Art. 6 OffVO)

Von nun an dürfen nur noch Produkte der ersten beiden Kategorien als nachhaltig vermarktet werden. Was genau in diesem Zusammenhang als nachhaltig gilt, regelt die EU-Taxonomie. Wann ein Fonds als „Art.8-Produkt“ oder „Art.9-Produkt“ gilt, hat die Europäische Union allerdings nicht geregelt. Die aktuellen Diskussionen zeigen jedoch mehr als deutlich, in welche Richtung es geht: So hat die EU-Kommission jüngst für Artikel-9-Produkte einen Anteil von 97 bzw. 98 % taxonomiekonformer Assets vorgeschlagen. Und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) schreibt nachhaltigen Produkten in ihrem Entwurf der Leitlinie für nachhaltige Investmentvermögen einen Anteil von 90 % taxonomiekonformer Assets vor. Die Politik ist gefordert, die nachhaltige Transformation nun auch wirklich zu ermöglichen. Hier gilt es, eine ausgewogene Lösung zu finden, die Kosten gerecht zu verteilen und Hürden, insbesondere auch im Aufsichts- und Steuerrecht zu minimieren.

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