Immobilienmärkte im Vergleich – Deutschland / EU & USA

15.01.2024

Autor

Tobias Schultheiß FRICS SIOR

Tobias Schultheiß FRICS SIOR

Geschäftsführer

Blackbird Real Estate GmbH

Blogbeitrag

Immobilienmärkte im Vergleich – Deutschland / EU & USA

Schwache Investmentumsätze auf beiden Seiten des Atlantiks

Hohe Zinssteigerungen seit QII 2022 ließen die Investmentmärkte einbrechen und führten zu Wertverlusten von durchschnittlich über 10% (in der Spitze bis 30%). Mangels Nachfrage ist das Transaktionsvolumen bei Büroimmobilien bundes-/ europaweit über 60% gesunken; Nettoanfangsrenditen sind gestiegen und liegen aktuell bei etwa 4,5%.

Bis Jahresende dürfte in den USA Bewegung in den Markt kommen: einige Eigentümer geraten bankenseitig unter Verkaufsdruck und bringen Objekte mit Preisabschlägen auf den Markt. Anders als in der EU ist die Inflation in den USA inzwischen deutlich gesunken und es scheint möglich, dass sie Ende 2023 nahe des Fed-Ziels von 2% liegt. Dies bietet Spielraum für sinkende Zinsen – und ein Erstarken des Investmentmarktes.

In Europa und Deutschland dürften solche Impulse bis Jahresende 2023 ausfallen, auch wenn angebotsseitig mehr Aktivität erwartet wird. Weiterhin dürften vorrangig Büroimmobilien bis € 50 Mio. und Value-add Objekte nachgefragt sein. Vorrangig verhindern inflationsbedingt gestiegene Mieten größere Wertverluste. Ende 2024 dürften sich Angebot & Nachfrage auf ein neues Preisniveau einfinden und Transaktionsvolumina entsprechend steigen.

Hoher Leerstand in den USA

Trotz niedriger Arbeitslosenquoten in Europa führt die Konjunkturabkühlung zu reduzierten Büroflächenumsätzen teilweise unter dem 10 Jahresschnitt. Moderne, ESG-konforme Immobilien in Innenstadtlagen sind nach wie vor gefragt, erreichen teilweise steigende Spitzenmieten.

In den USA besteht eine ähnliche Situation: sinkende Nachfrage nach veralteten Büroflächen bei steigender Nachfrage nach „Class A“ Büros in CBD-Lagen. Nicht mehr zeitgemäße Objekte dürften künftig dem strukturellem Leerstand zuzuordnen sein („stranded assets“).

Europaweit ist der Leerstand im Vergleich zu den USA (19%) mit 8,5% niedrig. Dies gilt auch für die deutschen Top7-Märkte mit einer Quote von rund 5%.

Gestiegene Bau- & Finanzierungskosten sowie reduzierte Kaufpreise dürften Projektfertigstellungen einbrechen lassen und zu einem Nachfrageüberhang bei ESG-konformen Bestandsobjekten führen, was zu steigenden Mieten führen wird. Hybride Arbeitswelten und Fachkräftemangel werden für eine strukturelle Änderung der Büromärkte bundes-, EU- und USA-weit sorgen und den Flächenbedarf von Nutzern ändern. Attraktive, ESG-konforme „Class A“ Immobilien in CBD-Lagen bleiben gefragt und sind ein Argument für Rückkehrer in‘s Büro.

In den USA wird ein schwächerer Ausblick erwartet als in Europa – obwohl die wirtschaftliche Entwicklung positiv verläuft bei niedriger Arbeitslosigkeit. Ähnlich Dublin schwächelt in San Francisco die Tech-Branche und sorgt für hohe Untervermietungsquoten. Anders als in Europa konnten die Unternehmen ihre Mitarbeiter noch nicht zur Rückkehr in‘s Büro überzeugen: In den USA liegt die Auslastung bei 40% bis 60%, während sie in Europa bei 70% bis 90% liegt.

Büromieten in den USA blieben auf den ersten Blick stabil – allerdings sind die Incentives gestiegen: bei 5 Jahren Laufzeit sind zwei Jahre mietfrei inzwischen keine Seltenheit. In Europa sind die Büromieten dagegen leicht gestiegen und es werden teilweise nur wenig Incentives gewährt, da bspw. in Frankfurt das Angebot an hochwertigen Büroflächen gering ist.

Wo kommt die NPL-Welle zuerst an?

Im Unterschied zu Bürogebäuden in Europa sind diese in den USA häufig viel größer und somit nur bedingt umnutzbar. Zudem bedeutet die schiere Größe für Banken ein größeres Ausfallrisiko, wenn ein Eigentümer den Kapitaldienst nicht mehr bedienen kann und das Objekt zurückgibt. So gab bspw. der kanadische Investor Brookfield im Februar 2023 zwei Bürotürme an die Bank zurück, deren Darlehen über $ 784 Mio. in Verzug geraten war.

Aufgrund dieser Situation wächst in den USA die Sorge, leistungsgestörte Kredite könnten zunehmen und Banken unter Druck geraten. In Europa ist der Bürosektor aufgrund unterschiedlicher Finanzierungs- und Bewertungsformen nicht nur widerstandsfähiger, die meisten Banken sind darin auch weniger exponiert.

US-Banken haben Darlehen für Gewerbeimmobilien über 5 Bio. Dollar vergeben. Das Engagement Europäischer Banken ist mit etwa 7% Anteil an Krediten geringer, als das Amerikanischer Banken. Je nach deren Größe liegt der Anteil bei etwa dem Doppelten bis zum 6 fachen im Vergleich mit Europäischen Banken – ein erhebliches Ausfallrisiko. In den nordischen Ländern stellt sich die Situation ähnlich in den USA dar: dort haben Banken teilweise bis zu 20% ihres Kreditbestandes in Gewerbeimmobilien.

Trotz aller Unterschiede und aktuell starker Fundamentaldaten: der Büroimmobilienmarkt in Deutschland und Europa ist nicht immun gegen negative Einflüsse. Bspw. könnten sich die Herausforderungen auf den internationalen Immobilienmärkten (China, SV Bank, Credit Suisse) verschärfen und eine erneute Liquiditätskrise inkl. härterer Kreditkonditionen für Immobilien zur Folge haben, da es zu einer weiteren Vertrauenskrise käme!

Fazit

Inflation, gestiegene Baupreise, Finanzierungskonditionen, geopolitische Gesamtwetterlage – diese Faktoren werden noch eine geraume Zeit für Unsicherheit und somit schwache Immobilienmärkte bzw. Zurückhaltung auf Nutzer- & Käuferseite sorgen.

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