Investmentchancen bei deutschen Mehrfamilienhäusern

21.09.2023

Autor

Adam Alari

Adam Alari

Head of Living Research & Strategy, Europe

Savills Investment Management

Blogbeitrag

Investmentchancen bei deutschen Mehrfamilienhäusern

Nach dem raschen Anstieg der Zinssätze ergeben sich auf den europäischen Märkten für Mehrfamilienhäuser neue Möglichkeiten. Deutschland als der größte Mehrfamilienhausmarkt Europas bildet hier keine Ausnahme. Das veränderte Zinsumfeld hat zu einer Neubewertung des Sektors geführt. Der Transaktionsmarkt ist nach wie vor sehr verhalten, die Preisvorstellungen zwischen Käufer und Verkäufer sind nach wie vor weit auseinander. Zeit eine erste Bilanz zu ziehen!

Abwertungen im Zuge der neuen Zinslandschaft bereits erheblich

Zunächst lohnt ein Blick an die Börse. Deutsche börsennotierte Immobilien-Unternehmen werden aktuell mit starken Abschlägen von mehr als 30 % auf den geschätzten Nettoinventarwert (NAV) gehandelt. Die Auswirkungen der Zinswende halten bisher länger an als erwartet: der Barwert künftiger Cashflows sinkt, die Refinanzierung wird teurer und die Veräußerung von Vermögenswerten zum Abbau der Verschuldung drückt auf den erwarteten Gewinn pro Aktie. Damit spiegeln die Abschläge, mit denen Anteilswerte gehandelt werden, zum Großteil die Bilanzen der Unternehmen wider und wahrscheinlich weniger die Fundamentaldaten der Immobilien.

Nach unseren Schätzungen sind die durchschnittlichen Kapitalwerte für Mehrfamilienhäuser in ganz Europa bis Ende Juni 2023 am Direktmarkt um circa 20 % und in Deutschland um rund 15 % gesunken. Es stellt sich die Frage, welche Wertveränderungen näher an der neuen Realität sind: der börsennotierte Markt oder der Direktmarkt? Das ist vermutlich zu einfach gedacht, aber wenn man davon ausgeht, dass der Höhepunkt der Zinsanhebungen kurz bevorsteht, erscheinen die bisherigen Korrekturen am börsennotierten Markt doch überzogen.

Was berichten die Makler und Bewerter? Nach Angaben von CBRE sind die Ankaufsspitzenrenditen für Mehrfamilienhäuser im Durchschnitt für die Big 7 in Deutschland zwischen dem zweiten Quartal 2022 und Juli 2023 um rund 75 Basispunkte gestiegen. Dabei sind die deutschen Renditen weniger stark betroffen als andere entwickelte europäische Märkte, obwohl die Renditen in Deutschland zu den niedrigsten in Europa zählen. Dennoch hat das Jahr 2023 eine weitere Korrektur eingeläutet und im Zuge der nächsten Leitzinsanhebung der EZB ist ein weiterer, wenn auch moderaterer Anstieg der Ankaufsrenditen im deutschen Wohnungsmarkt zu erwarten.

Ist die Korrektur ausreichend, um neue Investmentopportunitäten zu prüfen? Absolut, denn für moderne Immobilien sowie für geografisch diversifizierte Portfolios ist das bereits der Fall.

Weitere Preiskorrekturen zu erwarten, vor allem bei Bestandsobjekten

Allerdings liegen die Preiserwartungen bei Käufern und Verkäufern aktuell noch relativ weit auseinander, wie der verhaltene Investmentmarkt verdeutlicht. Das lässt sich auch anhand der Auswertung verfügbarer Marktrenditen ableiten. Laut CBRE haben die stabilisierten Spitzenrenditen in gleichem Maße korrigiert wie die Sekundärrenditen, also die Renditen für Mehrfamilienhäuser mit durchschnittlicher Gebäudequalität. Die Renditedifferenz zwischen Spitzen- und Sekundärrenditen für Mehrfamilienhäuser beträgt heute 50 Basispunkte. Nur zum Vergleich: Ende 2015 betrug der Abstand 160 Basispunkte. Dieser Abstand erscheint noch viel zu niedrig, zumal der deutsche Wohnungsbestand, ähnlich wie im übrigen Europa, weitgehend nicht den modernen Energievorschriften entspricht. Es besteht also ein erheblicher Modernisierungsbedarf bei Bestandsobjekten. Dadurch sind die Kapitalanforderungen nach einem Ankauf überdurchschnittlich und bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung einer Investition von zentraler Bedeutung.

Natürlich hängt viel vom Mietwachstum ab, das in der Vergangenheit schon sehr stark war. Fortschreitende Urbanisierung, hohe Nachfrage in den prosperierenden Ballungsräumen, Baukosteninflation, zu geringer Wohnungsneubau und weniger Eigentumsbildung durch hohe Finanzierungskosten werden die Mieten weiter antreiben. Laut HousingAnywhere (Juli 2023) sind die Angebotsmieten in Deutschland in der ersten Jahreshälfte um rund 7 % angestiegen. Die Tendenz ist eher zunehmend, zumal das neue Zinsniveau und die gestiegenen Baukosten die Bautätigkeit weiter einschränken. Das Monitoring und die Berücksichtigung lokaler Regulierungsvorgaben bleibt für Investitionen in den Mehrfamilienhaussektor fundamental, vor allem im Umfeld einer sich verschärfenden Angebotsknappheit.

Die Fundamentaldaten und strukturellen Treiber im deutschen Wohnungsmarkt sind für institutionelle Investoren attraktiv – sofern der Preis stimmt. Resiliente Cashflows unter Berücksichtigung der Erschwinglichkeit für Mieter sollten hierbei im Fokus für risikobewusste Anleger stehen. Vermutlich werden durch weitere Zinsanhebungen auch im Neubausegment moderate Preisrückgänge zu beobachten sein. Um jedoch bei Investitionen in Bestandsobjekte modernen und erschwinglichen Wohnraum zu schaffen, werden erhebliche Aufwertungsmaßnahmen erforderlich sein. Es werden noch stärkere Preisanpassungen benötigt, um diese wirtschaftlich umsetzen zu können – vor allem bei älteren Bestandsimmobilien ist dies unumgänglich.

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