Immobilieninvestments

01.12.2022

Autor

Steffen Schaack

Steffen Schaack

Geschäftsführender Gesellschafter | Managing Partner

Dr. Lübke & Kelber GmbH

Blogbeitrag

Immobilieninvestments – jetzt lohnt es sich, gegen den Strom zu schwimmen

Seit mehr als einem Jahrzehnt ist es zurück: das Sommerloch auf den Immobilienmärkten. Die bislang einzigartige Kombination aus stark steigenden Baukosten, Energiekrise infolge des Ukraine-­Kriegs und Zinswende hat dazu geführt, dass zur Jahresmitte zahlreiche Investoren die weitere Entwicklung abgewartet haben, anstatt zu agieren.

Auch die Kosten für die Akquisition von Fremdkapital haben sich erhöht: Dem BF.Quartalsbarometer Q3/2022 zufolge ist die Stimmung der deutschen Finanzierer mit -16,91 Punkten auf einem historischen Tiefstand. Ergo gehören Risikoaufschläge aktuell zur Praxis. Für Baukredite werden selbst für die defensive Nutzungsart der Wohnimmobilien mitunter 3,5 Prozent Zinsen gefordert, während die drei Leitzinskomponenten im Euroraum im August 2022 zwischen 0,0 und 0,75 Prozent lagen. Hinzu kommt, dass Immobilien zumindest auf den ersten Blick nicht mehr alternativlos erscheinen, da die Preise von Staats- und Unternehmensanleihen viel stärker gesunken sind als die Immobilienpreise. Beispielsweise rentierte die zehnjährige deutsche Bundesanleihe Ende August bei rund 1,5 Prozent. Bei Spitzenrenditen von Wohnobjekten mit einer Zwei vor dem Komma besteht also scheinbar nicht mehr viel Spielraum. Der Spread ist gering – oder sogar negativ, da die Renditen einiger Investment-Grade-Unternehmensanleihen oder auch von Anleihen weniger bonitätsstarker Staaten deutlich über den durchschnittlichen Immobilienrenditen in deutschen Metropolen liegen.

Anleihen sind oft keine Alternative

Allerdings ist auch die Inflation auf einem historischen Hoch. Nach einem Höchststand von 8,8 Prozent im Juni ging der Wert im Juli 2022 zwar auf 7,5 Prozent zurück, dennoch bewegt er sich deutlich über dem Zinsniveau auf den Kapitalmärkten. Angesichts der Staatsverschuldung einiger Euro-Länder ist eine drastische Zinserhöhung in Richtung Inflationsniveau unwahrscheinlich, sodass die EZB mit ihren Zinssätzen mittel- bis langfristig „behind the curve“ bleiben dürfte. Bundesanleihen und andere Liquid Assets werden real gesehen wohl weiterhin eine negative Performance erwirtschaften. Immobilien beinhalten indes nach wie vor als Sachwerte einen inhärenten Inflationsschutz – vor allem, wenn die Mietpreise indexiert sind. Im Gewerbeimmobiliensegment ist das Standard, aber auch Wohnungsmietverträge werden zunehmend mit Staffelung oder anderweitiger Indexierung aufgesetzt. Mit anderen Worten sind die Kaufpreise aktuell zwar aufgrund der hohen Zinsen um einige Jahresnettokaltmieten gesunken, mittel- bis langfristig dürften die künftigen Mietpreissteigerungen aber für eine positive Wertentwicklung sorgen. Zudem muss bedacht werden, dass die Kombination aus extrem niedrigen Zinsen und extrem hohen Kaufpreisender 2010er-Jahre im historischen Vergleich eine Ausnahmesituation war. Schon bei deutlich höheren Zinssätzen in unterschiedlichsten wirtschaftlichen Szenarien waren Immobilien ein defensives und wertstabiles Investmentprodukt.

Intakte Megatrends

Ein weiterer Wachstumstreiber ist der chronische Flächenmangel. Das zeigt sich in der Tatsache, dass das vom Bundesbauministerium ausgerufene Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohneinheiten angesichts steigender Baukosten und restriktiver Genehmigungsverfahren unrealistisch ist. Die aktuelle Situation könnte dafür sorgen, dass nur wenig neue Bauprojekte angestoßen werden, der Nachfrageüberhang eher wächst als schrumpft – und die Wohnungsproblematik in Metropolen und Wachstumsstädten nicht gelöst werden kann. Hinzu kommt die Geflüchtetenwelle infolge des Ukraine-Kriegs. Die Leerstände an nachgefragten Standorten werden also gering bleiben. Und das nicht nur in Metropolen: Auch kleinere Großstädte sowie Studentenstädte unterliegen dem Megatrend der Reurbanisierung. Anders als München oder Stuttgart zeigten diese Standorte vor Beginn der Zinswende keine Preisüberhitzungen, weshalb deutlich mehr Luft für ein langfristig positives Preiswachstum besteht als an den A-Standorten. Diese Trends strahlen auf Büros, Healthcare-Immobilien und andere Formen von modernen Gewerbeobjekten ab, denn auch die Bund C-Städte bilden immer stärkere urbane Strukturen im Sinne moderner Stadtquartiere.

Eine Frage der Preisbildung

Für eigenkapitalstarke Investoren kann es also interessant sein, die Untätigkeit der Konkurrenz zu nutzen und das eigene Portfolio um weitere Nutzungsarten oder Standorte zu ergänzen und stärker zu diversifizieren. Neben marktbezogenen Herausforderungen spielen jedoch die ESG-Auflagen für Neubau- und Bestandsimmobilien eine wichtige Rolle bei der Evaluation eines möglichen Investments. All das kann mit einer umfangreichen Due-Diligence-Prüfung analysiert und mit einer belastbaren Immobilienstrategie aufgefangen werden – dennoch sind es relevante Aspekte bei der Preisbildung. Gegen den Strom zu schwimmen und die Abwartehaltung am Markt zu nutzen, kann sich lohnen, es kommt aber mehr denn je auf den richtigen Kaufpreis an.

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