Praxis: ESG-Prinzipien in einem Art. 8-Fonds

03.03.2022

Autor

Prof. Dr. Michael Becken

Prof. Dr. Michael Becken

Geschäftsführer

BECKEN Invest GmbH

Blogbeitrag

Mit der EU-Taxonomie und dem Klimaschutzgesetz 2021 hat das Thema Nachhaltigkeit und dessen Bedeutung für die Immobilienwirtschaft einen deutlichen spürbaren Schub erhalten. Angestrebt ist Klimaneutralität bis zum Jahr 2045. Das Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden und das Investment in Immobilien verfolgen somit einheitlich nachhaltige Ziele. Damit stehen Aspekte der Ressourcenschonung und einer gesunden Gesellschaft mehr denn je im Zentrum ganzheitlicher Businessstrategien.

Der Immobilienwirtschaft kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, da Immobilien für etwa ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich sind. Auf globaler Ebene sind Immobilien für rund 40 % des Energieverbrauchs verantwortlich.

Dreh- und Angelpunkt der Ressourcen- und Klimaschonung ist die Reduktion des CO2-Ausstoßes bei der Realisierung und dem Betreiben von Gebäuden. Gleichwohl steht die Bauindustrie bezüglich kreislauffähiger, beziehungsweise recyclefähiger, Materialien erst am Anfang. Der Bestand stellt uns jedoch vor noch größere Herausforderungen. Denn hier entsteht schließlich nichts planbar neues, sondern es gilt ältere und nicht mehr zeitgemäße Gebäude auf den Klimapfad zu bringen. Dies wird die Immobilienbranche vor große Herausforderungen stellen und nicht unerhebliche Investitionen erforderlich machen. So verleihen insbesondere Nachhaltigkeitszertifikate, beispielsweise nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), dem Objekt ein für Investoren wie Nutzer gleichermaßen sichtbares Label und helfen auf diese Weise bei der Vergleichbarkeit von nachhaltigen Immobilieninvestitionen. Gehen wir nunmehr aber davon aus, dass langfristig nur nachhaltige Immobilien Investoren und Nutzer ansprechen werden, so ist eine entsprechende Investition, eine zukunftsorientierte mit dem Ziel der Sicherstellung einer nachhaltigen Rendite.

Insofern ist für Investoren mit dem Anspruch des nachhaltigen Investierens ein entsprechendes Angebot von ESG-konformen Immobilienfonds unerlässlich.

Seit dem 10.03.2021 sind Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater dazu verpflichtet zu veröffentlichen wie mit den Nachhaltigkeitsrisiken umgegangen wird. Dabei kann nach folgenden Produkten unterschieden werden:

  • Art. 6 Produkte: Nicht Nachhaltige Produkte
  • Art. 8 Produkte: Produkte mit ökologischen und/ oder sozialen Merkmalen
  • Art. 9 Produkte: Produkte mit nachhaltigen Investitionen

Bei der Ausgestaltung eines Artikel 8-Fonds, wird gefordert, dass die definierten Merkmale (1) Messbar und (2) Nachvollziehbar sind, sowie (3) eine Langfristige Festlegung & Überwachung beinhalten. Im Zuge dessen wird daher eine ESG-Strategie entwickelt und implementiert. Diese wird anhand von spezifischen Kriterien für die ökologische und/ oder die soziale Komponente ausgestaltet.
Es gibt erste Produkte, die diesen Anforderungen als sog. Artikel 8-Fonds entsprechen. Der SOLID OFFICE FUND I verfolgt z.B. eine Anlagestrategie, die sicherstellt, dass die vom Fondsportfolio erworbenen oder gehaltenen Immobilien insgesamt stets den jeweiligen Grenzwert des Dekarbonisierungspfads der EU für Immobilien erfüllen.

  • Merkmal 1 ist es daher, die durchschnittlichen CO2-Emissionen
    • bis zum Jahr 2034 auf 42,9 kg CO2 / m² / pa zu senken und
    • bis zum Jahr 2050 auf 2,8 kg CO2 / m² / pa zu senken.
  • Merkmal 2 ist es daher, den durchschnittlichen KWH-Bedarf
    • bis zum Jahr 2034 auf 101,3 KWH / m² / pa zu senken und
    • bis zum Jahr 2050 auf 12,9 KWH / m² / pa zu senken.

Die genaue Methodik des zu Grunde gelegten Ratings richtet sich (i) für die CO2-Emissionen nach dem für Deutschland jeweils gültigen Decarbonisation Pathways for Commercial Real Estate und (ii) für den Endenergiebedarf nach dem für Deutschland jeweils gültigen Energy Pathways for Commercial Real Estate, die vom „Carbon Risk Real Estate Monitor (CRREM) project“ publiziert werden.

Vor dem Erwerb weiterer Immobilien wird daher in Zukunft eine ESG-Due Diligence durchgeführt, die prüft, ob die vorangehend definierten Ziele mit einem Ankauf der Liegenschaft weiter eingehalten werden, beziehungsweise welche Maßnahmen notwendig sind, um die oben definierten Nachhaltigkeitsziele einzuhalten. So wird in Absprache mit den Dienstleistern ein Sanierungsfahrplan für die nächsten Jahre aufgestellt, um gezielt mit Einzelmaßnahmen den ESG-Standard des Gebäudes zu verbessern. Um bei der Bewirtschaftung regulierend eingreifen zu können, wird darüber hinaus eine „Green-Lease“-Vereinbarung in jeden Mietvertrag mit aufgenommen, die den Mieter über verschiedene regulatorische Stellschrauben dazu verpflichtet den Mietgegenstand möglichst nachhaltig zu bewirtschaften.

Fest steht: Der Nachhaltigkeitsgedanke scheint inzwischen in der Immobilienbranche angekommen zu sein. Nun ist es an der Zeit, moderne Technologien und digitale Innovationen zu unterstützen und anzuwenden, um eine ökologisch und sozial gerechte Immobilienwirtschaft zu forcieren.

Dies ist ein Auszug aus dem FondsBuch 2022.

Weitere Informationen

Die ESG Konferenz

Die ESG Konferenz der FondsForum-Plattform präsentiert jährlich verschiedene Themen rund um ESG, Nach­haltigkeit und Circular Real Estate in der institutionellen Immobilien­wirtschaft. Investoren und Immobilienexperten präsentieren ihre Erfahrungen und Einschätzungen zu zukünftigen Marktentwicklungen. Zusätzlich bietet die Plattform auch weitere Veranstaltungen und Produkte wie zum Beispiel das Magazin ESG KOMPAKT für die institutionelle Immobilienwirtschaft an.

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