Die Zukunft des Büros
Autor
Bernd Haggenmüller
Blogbeitrag
Das Büro als wesentlicher Arbeitsort der Wissensgesellschaft hat sich im Laufe der Zeit deutlich gewandelt und musste sich ständig neuen Herausforderungen stellen. Einzelbüros entlang langer Flure und effiziente Großraumbüros waren prägend für die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Repräsentative Chefbüros demonstrierten den Status einer Führungskraft.
Spätestens mit Beginn des 21. Jahrhunderts entstanden durch kooperative Arbeitsformen und flachere Hierarchien neue Büroarbeitsformen. Aspekte des Informationsaustausches und Wohlbefindens traten stärker in den Mittelpunkt. Besprechungsräume gewannen an Bedeutung, zunehmend entstanden Bereiche für spontanen, informellen Austausch.
Mit Einzug von Laptops und Smartphones wurde mobiles Arbeiten ermöglicht. Durch die Digitalisierung entstand zumindest die Option, ortsunabhängig zu arbeiten. Damit einher entwickelten sich Flexible-Office-Space Anbieter rasant. Für die meisten Büroangestellten allerdings blieb diese flexible Form des Arbeitens eher die Ausnahme – bis Anfang März 2020. Die Corona-Pandemie erweist sich als extremer Beschleuniger für den Trend zum flexiblen Arbeiten und wirft Fragen auf, wie Wissensarbeit zukünftig organisiert wird, wie das Büro der Zukunft aussehen wird beziehungsweise welchen Stellenwert dem klassischen Büro zukommen wird.
Manche Experten rechnen mit einem dauerhaften Nachfragerückgang auf dem Büroimmobilienmarkt, während andere von einer schnellen Normalisierung nach Überwindung der Pandemie ausgehen. Die Wahrheit dürfte irgendwo in der Mitte liegen.
Es ist zu erwarten, dass der bestandene Lackmustest für flexibles Arbeiten während des Corona-Shut-Downs zu einer steigenden Bedeutung von Homeoffice und ortsungebundenem Arbeiten führen wird. Büroimmobilien werden dadurch nicht überflüssig und weiter das Zentrum der Arbeit der allermeisten Unternehmen bleiben, doch sie werden sich neuen Anforderungen anpassen müssen.
Neben den positiven Erfahrungen aus der Lock-Down-Phase, wie eingesparter Anfahrtszeit oder gewonnener Effektivität, gibt es auch negative Erkenntnisse: So klagen Mitarbeiter über erhöhte gesundheitliche Belastungen durch die Arbeit zu Hause. Auch die Einarbeitung neuer Mitarbeiter, der Wissensaustausch unter den Mitarbeitern und der soziale Zusammenhalt von Teams bleiben auf der Strecke, und die Umstrukturierung von Teams wird durch fehlende direkte Interaktion fast unmöglich.
Das Büro von morgen wird einerseits für eine stark wachsende Zahl von Büroarbeitern nicht mehr der einzige Arbeitsplatz bleiben. Die Bedeutung als Ort des direkten, persönlichen Austauschs zwischen Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden wird andererseits an Qualität gewinnen. Stärker als in der Vergangenheit muss ein Büro eine angenehme Atmosphäre, ein Wir-Gefühl vermitteln und hohe Aufenthalts- und Erlebnisqualität bieten. Ob der tatsächliche Flächenbedarf pro Mitarbeiter sich hierdurch verändert, lässt sich momentan noch nicht abschätzen. Insbesondere die erhöhten Hygiene- und Abstandsregelungen stehen einem Büroflächenabbau entgegen.
Da das Büro von morgen mit dem Home-Office in Konkurrenz steht, muss es entsprechend attraktiv sein und Mitarbeitern einen deutlichen Anreiz bieten, dort und nicht zu Hause zu arbeiten.
Der vielzitierte „War for talents“ ist durch die Corona-Krise nicht beendet. Er wird zunehmend über Lage und Qualität des Büroarbeitsplatzes geführt.
Neben dem Trend zur flexiblen Arbeitsplatzwahl im Unternehmen werden helle Räume, Ruhezonen und individuelle Klimatisierung an Bedeutung gewinnen. Hinzu kommt eine Infrastruktur, die auf Interaktion und Kommunikation ausgerichtet ist: Im neuen Büro gibt es das stärkste verfügbare Netzwerk, die Möglichkeit von analogen und virtuellen Treffen, State-of-the-art Raumlufttechnik für höchsten Komfort, Echtzeitdaten, die jederzeit Zugriff auf alle relevanten Informationen ermöglicht. Kurzum, ein Raum für kreative, hybride Zusammenarbeit.
Das Büro der Zukunft muss Möglichkeiten bieten, die ein Heimarbeitsplatz nicht bieten kann, um attraktiv zu bleiben:
- Abteilungsübergreifende Shared-spaces, die zufällige Begegnungen fördern und damit kreative Prozesse im Unternehmen unterstützen.
- Hohe Flexibilität, um den richtigen Mix an Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
- Verwendung nachhaltiger, ressourcenschonender Materialien.
- Sicherstellung einer Resilienz, die einen sicheren Geschäftsbetrieb auch im Falle einer anhaltenden oder neuen Epidemie gewährleistet.
- Berücksichtigung von Hygieneaspekten: beispielsweise berührungslose Türöffner zu Allgemein- und Sanitärbereichen und Möglichkeiten zum Einhalten des Social Distancing.
Diese geänderten Voraussetzungen stellen Mieter und Vermieter vor neue Anforderungen, die nur gemeinsam und im intensiven Austausch erfolgreich in Angriff genommen werden können. Für Investoren bieten sich hier Risiken und Chancen zugleich. Die Anpassung und Repositionierung zahlreicher Bestandsimmobilien bietet interessante Investitionsmöglichkeiten für die kommenden Jahre.