Immobilienanlagen für morgen
Autor
Hans Stuckart
Wir leben in nicht einfachen Zeiten. Zahlreiche EU-Staatshaushalte sehen nicht gut aus, von den Staatsschulden in Japan und den USA ganz zu Schweigen. Nun kommt noch die größte Rezession der Wirtschaft seit dem zweiten Weltkrieg hinzu. Viele Unternehmen kämpfen um das nackte Überleben und die zahlreichen internationalen Handelskonflikte sind eher mehr als weniger geworden. Die Welt ist dabei sich neu aufzustellen und sehr schwer planbar. In solcher einer Umbruchphase ist der Versuch eines Blickes in die Zukunft trotz aller Unwägbarkeiten unbedingt notwendig.
Viele der großen Veränderungen sind gekommen, um zu bleiben, über viele Jahre zu wirken und vieles bisher als Konstante wahrgenommenes dauerhaft zu verändern. Es geht um Megatrends, die unser Leben verändern werden, und das betrifft im Besonderen auch unsere Art und Weise der Immobiliennutzungen. Zu diesen Trends zählt auf jeden Fall das Thema demographische Entwicklung. Wir werden älter und wollen länger selbstbestimmt leben. Es wird nicht mehr lange dauern, und über 80 Prozent aller Menschen auf unserem Planeten leben in Städten.
Der Trend hin zum Online-Shopping führt zu einem veränderten Kaufverhalten. Die klassischen Shopping-Center stehen hier unter massivem Druck und es wird ab-sehbar eine Bereinigung geben. Alibaba hat Auchan in Frankreich erworben, in 2017 hat Amazon Whole Foods gekauft. Die digitale Transformation ist gemeinsam mit dem Megatrend ESG ein weiterer Haupttreiber für erwartbare Veränderun-gen in größerem Maßstab. Brüssel macht gerade bei den ESG-Vorgaben enormen Druck und die Klimaziele der EU wurden nochmals erhöht. Schon ab 2030 dürfen nur noch klimaneutrale Gebäude errichtet werden. Der Bedarf an großen Stromspeichern und analog bei Rechenzentren wird weitere Assetklassen hervorbringen.
Was bedeuten nun diese Megatrends für institutionelle Immobilieninvestoren in einem Umfeld, in dem es wenig Produkt und keine Rendite mehr gibt? Zunächst werden einige Immobiliennutzungsarten ein anderes Gewicht erfahren als bisher. Wohnen in den Städten bleibt attraktiv und die speziellen Wohnformen für die älteren Generationen erfahren einen Boom. Die Corona-Krise mit dem einhergehenden Hotelsterben öffnet das Fenster für attraktive Umnutzungen. Betreutes Wohnen, Seniorenresidenzen aber natürlich auch ganz allgemein Gesundheitsimmobilien in Form von Ärztehäusern oder auch Medizinischen Versorgungszentren sind langfristig stabile Investitionssegmente, weil die Nachfrage hoch bleiben wird.
Aufgrund der uns wohl noch über viele Jahre beschäftigenden Schuldenberge und der Auswirkungen der Wirtschaftskrise werden Transformationen und Verschiebungen im Finanzierungsbereich ebenfalls eine große Rolle spielen. Es ist zu erwarten, dass Bund, Länder und Kommunen verstärkt Finanzierungspartner für die Infrastruktur suchen. Rathäuser, Stadthallen, Schulen, Kindergärten oder auch Straßen werden attraktive Anlagen für Investoren darstellen. Dazu zählen auch private Infrastrukturbereiche wie Rechenzentren oder Logistik-Immobilien.
Größere Einzelhandelsformate können durchaus in neue Nutzungen überführt werden. Denken wir dabei beispielsweise an das Stichwort „Vertical Farming“. Im Erdgeschoss ist die Verkaufsfläche als Point of Sales und in den Stockwerken darüber werden die Lebensmittel angebaut. Oder aber brach liegende Hallen können in Farmen umgewandelt werden und dienen hierbei nachhaltig der Vermeidung von langen Transportwegen.
Auch unsere Art der Immobilieninvestition wird sich verändern. Nach direkten und indirekten Investitionen über immer neue Vehikel erreichen Immobilien-Mezzanine-Anlagen inzwischen eine für uns zunehmend attraktive Marktbedeutung. Sie punkten vor allem mit ihren soliden Cashflows bei einem noch kalkulierbaren Investitionsrisiko. Insgesamt werden die Immobilienanleger auf lange Sicht erfolgreich sein, die sich intensiv mit den Megatrends auseinandersetzen und den Pfad der Lemminge verlassen. Um Renditen zu erwirtschaften bedarf es neuer Wege und die Neubewertung von Risiken. Manche Risiken lassen sich schon durch Aufbau von Know-how und Können eliminieren. Ein schöner Aspekt, weil wir so wieder in Menschen und Talente investieren.
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