Welche Büroflächen brauchen wir nach Covid19?

18.02.2021

Autor

Prof. Dr. Thomas Beyerle

Prof. Dr. Thomas Beyerle

Catella

Blogbeitrag

Wiederholt sich die Geschichte?

Waren nach der Finanzmarktkrise 2009 die Vorzeichen einer Erholung an den gewerblichen deutschen Immobilienmärkten zunächst noch verhalten, brach sich spätestens 2014 der Aufschwung Bahn. Ab diesem Zeitpunkt ließen sich stetig steigende Transaktionsvolumina, Mieten oder Fertigstellungszahlen feststellen. Mehr noch: neue Formen des Wohnens wie bspw. Mikroliving oder Serviced Apartment, des Arbeitens wie CoWorking oder des Konsums wie online Shopping fielen in diese Phase. Die Krise brachte problembehaftete Objekte, manche leerstehenden Büroflächen oder Wohnparks mit sich, doch einen Strukturbruch ließ sich lediglich im veränderten Risikomanagment beobachten.

Mit dem abrupten Ende der globalen Ökonomien infolge der COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020, erleben auch die deutschen Immobilienmärkte eine nie dagewesene wirtschaftliche Gemengelage, eine leicht rückläufige, doch insgesamt noch stabile Entwicklung kennzeichnet den Jahresverlauf. Wie sich dies letztlich am Markt auswirken wird, ist abzuwarten. Doch ein Unterschied zur aktuellen Krise lässt sich bereits aufzeigen: waren es damals eher temporär leer stehende Bürotürme, so scheint es, dass es sich aktuell eher um einen Strukturbruch handelt. Einfacher formuliert: es werden augenscheinlich weniger Flächen in der Summe benötigt.

Ein Virus pusht die Digitalisierung

Erinnern Sie sich noch an die ersten Prognosen Mitte März, was mit der Konjunktur und daraus abgeleitet den Immobilienmärkten in naher Zukunft so alles passieren wird? „Schlimmste Rezession seit 1929“, „massenweise Mietausfälle“, demzufolge ein „Asset Meltdown der Immobilienwerte“, vor allem bei Einzelhandelsobjekten. Mehr Sympathie wurde da Logistikimmobilien entgegengebracht, es lag ja glasklar auf der Hand, wenn nur die virtuellen Läden noch offen sind, dann sollte die Nachfrage nach Logistikdienstleistungen geradezu explodieren. Doch auch Büros kamen nicht gut weg, spätestens Anfang Mai gab es keinen Artikel mehr, der nicht auskam ohne über ein „Adieu Büro“ zu sinnieren.

Effizienz - Alles wir hinterfragt

Obwohl die konjunkturelle Situation nach wie vor angespannt ist, lichtete sich in der Mitte des 3 Quartals etwas der Nebel. Und hier zeigt sich, dass nicht alles immer so eintreten muss, wie es scheint. Nachdem die Ideologie und Forderung nach der Flexibilisierung der Bürotätigkeit jahrelang immer wieder mit vermeintlich stichhaltigen Argumenten („Versicherungsschutz“, „IT-Sicherheit“, „Sensible Gespräche“ oder „Entfremdung“ – nur „Kontrolle“ sagte kaum jemand laut) eher als nettes Recruiting-Instrument der HR-Abteilung in Zeiten von Personalmangel gesehen wurde, fand der Beweis statt – es geht offensichtlich doch. Ergebnis: Ein Zurück zu einer Zeit „vor dem Virus“ wird es in der Reinform nicht mehr geben. Und spätestens hier gehen die Alarmsignale der Investoren an, welche primär – und das ist volumenbezogen der größte Teil – in langfristige Mietverträge in Bürogebäuden investiert sind.

Denn Unternehmen und ihre Mitarbeiter nutzen diese Flächen, mieten diese oftmals mehr als eine Dekade an. Soll das jetzt alles obsolet sein? Selbst unter Ausnutzung aller Arbeitsstättenrichtlinien, Desk-Sharing oder Besprechungsraumkultur, klar ist, dass es, soweit man in die Zukunft schauen kann, keine virtuellen dezentralen Organisationsstrukturen für die Mehrzahl der Dienstleistungsanbieter in den Innenstädten geben wird. Doch Unternehmen sind auch zu einer effizienten Handhabe auf den zweitgrößten Kostenblock – neben Personal – gezwungen. Und hier liegt der Schlüssel, welcher eine Tür bis zum Ende der Dekade öffnet, wie es mit dem Umfang der benötigten Flächen wirklich bestellt ist.

Doch nichts ist so unstetig wie der Wandel einer Dienstleistungsökonomie und die Prognosen der „Experten inmitten Covid19“. Dabei werden wir leerstehende Gebäude genauso wenig sehen wie die aktuell praktizierte Relation „qm pro MAK“ bei der Flächenplanung. Strukturbrüche werden sichtbar werden, Effizienzsteigerungen und neue Büroformen ebenfalls. Eine kurzfristige Veränderung an den Mietverhältnissen – vor allem bei den innerstädtischen Büroflächen – wird es nicht geben. Zwar wird hier auch der starke Konjunktureinbruch Spuren hinterlassen bei Neuabschlüssen in diesem Jahr. Das Niveau der Mieten und Umsätze wird sich etwas nach unten bewegen, aber keinesfalls einbrechen.

It´s the prolongation, stupid!

Doch eine gefährliche Klippe wird 2022/2023 fortfolgend sichtbar: Ab diesem Zeitraum stehen die Prolongationen der 5-jährigen Mietvertrage aus 2017/2018 an. Auf den deutschen Büroflächenmarkt bezogen sind das rund 20% der Top Mietflächen – damals schon sehr hohe Werte. Und ob hier die Unterschrift zur Vertragsverlängerung „auf der gleichen oder mehr Fläche“ nicht so einfach fällt, darf zumindest bezweifelt werden.

Fotonachweis: Pexels

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