ESG-Transformation: Erfolgsfaktor Governance

02.08.2023

Autor

Dr. Maximilian Riede

Dr. Maximilian Riede

Head ESG

Swiss Life Asset Managers Deutschland

Blogbeitrag

ESG-Transformation in Bestandsportfolien: Erfolgsfaktor Governance

Die wissenschaftlichen Grundlagen der zentralen ESG-Herausforderungen, insbesondere der Dekarbonisierung, sind nicht nur nachlesbar, sondern auch in unterschiedlichem Ausmaß in der Gegenwart bereits erlebbar. Mit dem Green Deal und seinen dazugehörigen Direktiven und Gesetzen wurde möglicherweise zwar nicht zwingend der beabsichtigte „Man-on-the-Moon“-Moment geschaffen, die Richtung ist jedoch klar – trotz zahlreicher offener Detailfragen. Es geht in erster Linie um die Reduktion der Treibhausgasemissionen und viele weitere umweltbezogene und sozialgesellschaftliche Aspekte.

Die technischen Möglichkeiten, um den Herausforderungen aktiv zu begegnen, sind zahlreich vorhanden und bestens erprobt. Es stellt sich also die Frage, warum Organisationen der Immobilienbranche trotz dieser Situation mit der Umsetzung nicht zügiger vorankommen. Ein Teil der Antwort liegt sicherlich in der ökonomischen Dimension der Finanzierbarkeit von Maßnahmen in einem angespannten wirtschaftlichen Umfeld, auch Lieferengpässe und Fachkräftemangel spielen eine Rolle. Ein Aspekt, der jedoch auf den zahlreichen Fachkonferenzen derzeit noch zu kurz kommt, ist die Frage, ob Organisationen eine wirksame ESG-Governance etabliert haben, um die eingangs genannten Herausforderungen zu bewältigen.

Stattdessen binden Zusammenfassungen regulatorischer Veränderungen, Vorstellungen von KI-basierten Werkzeugen zur Optimierung des Gebäudebetriebs, Reporting-Systemen oder beeindruckende Neubauprojekten die Aufmerksamkeit. Diese Inhalte sind zweifelsohne von höchster Relevanz, doch wie soll die flächendeckende Anwendung gelingen, wenn die entsprechenden Themen nicht von den jeweiligen Fachabteilungen aufgegriffen werden? Von Risk über Legal und Compliance, dem technischen und kaufmännischen Asset-Management sowie den Construction-Experten bis hin zum Portfolio Management müssen Akteure in die vielfältigen Themen eingebunden werden, Strategien entwickelt und schließlich in enger Zusammenarbeit umgesetzt werden. Die stetige Bewertung und koordinierte Umsetzung erfordert nicht nur zentrale ESG-Manager, sondern eben auch Ansprechpartner in den Fachabteilungen, die fähig und willens sind, etablierte Vorgehensweisen vor den Neuerungen der ESG-Thematik zu hinterfragen und ggf. anzupassen.

Auch wenn gerade in der Immobilienbranche zahlreiche Aktivitäten über externe Dienstleister organisiert werden, erfordern Fortschritte bei der ESG-Transformation daher trotzdem die Koordination und Integration von Personen mit technischem, juristischem, kaufmännischem und oftmals ökologischem Sachverstand.

Der Erfolg im Bereich verantwortungsbewusstes Anlegen ist somit in erster Linie also auf eine solide ESG-Governance und das Engagement der Mitarbeitenden zurückzuführen, schließlich gelten alle anderen Mittel (Gesetze, technische Lösungen, Zins- und Kostensituation) für alle Marktteilnehmer gleichermaßen. Professionelle Governance-Organe legen nicht nur die strategischen ESG-Ziele fest und setzen diese in konkreten Initiativen um, sondern bilden und vermitteln auch ESG-Know-how im gesamten Unternehmen.

Organisationen, in denen einzelne Stabstellen die Geschäftsleitung von der Notwendigkeit einer ESG-Transformation überzeugen müssen, haben daher nicht die besten Voraussetzungen für durchschlagenden Erfolg. Ein überzeugtes Top-Management ist dann zu erkennen, wenn deren Organisation nicht nur mit einzelnen ESG-Managern ausgestattet ist, sondern sich Botschafter des Themas breit gestreut in allen Bereichen wiederfinden. Schließlich besteht die Lösung der Herausforderungen nicht darin, einen neuen ESG-Prozess einzuführen, sondern ESG-relevante Dimensionen in alle Prozesse, die relevant sind für die Erreichung selbst gesteckter Ziele, zu implementieren.

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