Recht und nachhaltige Immobilienbewirtschaftung
Autor
Dr. Sven Wortberg
Blogbeitrag
Recht und nachhaltige Immobilienbewirtschaftung
In der sehr intensiv geführten Debatte um mehr Nachhaltigkeit bei der Immobilien-bewirtschaftung zeichnet sind mittlerweile immer deutlicher ab, was die Lösungswege sein werden. Der Trend wird weggehen von Abriss und Neubau hin zur Revitalisierung von Bestandimmobilien, da der mit der aufwändigen Errichtung verbundene erhebliche CO2-Ausstoß über die Lebenszeit des Objekts in der Regel nicht neutralisiert werden kann. Während solche Bestandsimmobilien im Wesentlichen passive Investitionen waren, könnten zukünftig aktivere Bewirtschaftungsformen erforderlich werden. Ein gutes Beispiel sind unter anderem smarte City-Joint-Ventures, die Quartierslösungen insbesondere im Rahmen der Energieversorgung implementieren und gesetzlich bereits in § 103 Abs. 3 Gebäudeenergiegesetz angelegt sind. Auch bei gewerblichen Immobilien kann die lokal u.a. durch Photovoltaik produzierte Energie in das Netz gegen Vergütung eingespeist werden. Im oder am Gebäude vorhandene elektrische Ladestationen können gegen Entgelt für den Publikumsverkehr geöffnet und dadurch das bis dato unzureichende Versorgungsnetz erweitert werden. Entsprechendes findet sich auch im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wieder: Die Förderung von Mieterstrom- und Quartierskonzepten soll gestärkt werden.
Es bleibt jedoch zu hoffen, dass der Gesetzgeber auch die notwendigen Folgeänderungen umsetzen wird, beispielsweise im Aufsichts- und Steuerrecht. Die auf marktrelevante regulierte Immobilieninvestoren (z. B. Investmentvermögen, Versorgungswerke und Pensionskassen bzw. Pensionsfonds) anwendbaren Regelungen schreiben vor, dass Immobilieninvestitionen als im Wesentlichen passives Halten und Verwalten ausgestaltet sein müssen. Viele der im Rahmen der Energiewende diskutierten Themen erfordern jedoch auch ein operatives Engagement. Zwar behilft sich die Branche bislang mit einer strikten Trennung zwischen „Halten und Verwalten“ einerseits und der operativen Bewirtschaftung andererseits, dies wird aber mit zunehmender Bedeutung dieser operativen Zusatztätigkeiten immer schwieriger und wirtschaftlich weniger sinnvoll.
Fallstricke gibt es im derzeit geltenden Recht viele: Die Durchführung operativer Tätigkeiten ist Ausschlusskriterium für das Vorliegen eines Investmentvermögens, und damit einer Kapitalverwaltungsgesellschaft die Verwaltung eines entsprechenden Vehikels untersagt. Wesentlichkeitsgrenzen gibt es nicht. Die Immobilienquote von Pensionskassen, Pensionsfonds und – über länderrechtliche Verweise – vieler Versorgungswerke setzt zudem häufig eine Einordnung als Investmentvermögen voraus. Parallel dazu sind Investmentfonds nur dann von der Gewerbesteuer befreit, wenn die Vermögensgegenstände nicht in wesentlichem Umfang aktiv bewirtschaftet werden. Hier existiert jedoch eine „Schmutzgrenze“ von 5% der Gesamteinnahmen des Fonds, unterhalb derer eine unternehmerische Tätigkeit keine nachteiligen steuerlichen Konsequenzen hat. Diese Einschränkungen werden von den Aufsichtsbehörden sehr ernst genommen. Bei Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften drohen der Verlust der Qualifikation als Fonds (und damit einhergehender Verlust der Erwerbbarkeit für viele Investoren) sowie die Aberkennung steuerlicher Privilegien.
Angesichts der Vielschichtigkeit der zu berücksichtigenden Vorschriften gibt es für die neue Bundesregierung noch Einiges zu tun, bevor der Quartiersgedanke Wirklichkeit werden kann.
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