Zeitenwende: Immobilienmärkte im Spannungsfeld
Autor
Uwe Krause
Blogbeitrag
Zeitenwende: Immobilienmärkte im Spannungsfeld von Klimawandel, Inflation und veränderter Nutzung
Was beeinflusst die Entwicklung der Immobilienmärkte in den kommenden Jahren am meisten? Der Klimawandel, sagen 50 Prozent der institutionellen Anleger, die wir im Rahmen einer Investorenkonferenz befragt haben. 40 Prozent sehen in der Inflation einen maßgeblichen Treiber. Weiteren Einflussfaktoren wie Geopolitik oder Pandemie wird dagegen weniger Bedeutung beigemessen. Dabei gibt es auch hier tiefgreifende Veränderungen, zum Beispiel die sich potentiell verändernden globalen Warenströme oder geopolitische Unsicherheiten. Ebenso die Trends, die auch nach der Pandemie Bestand haben: „Work from home“ und der Siegeszug des Onlinehandels.
Regulatorische Vorgaben, beispielsweise für Energieeffizienz und Umweltschutz, und sich verändernde Ansprüche der Mieter stellen neue Anforderungen an Immobilieninvestoren. Projekte langfristig verantwortungsvoll managen, heißt nicht nur umsetzen, was der Markt verlangt, sondern vordenken und mit innovativen Projektideen den Klimaschutz auf ein neues Level heben. Das gilt für alle Nutzungsarten. Gleichzeitig spielt Kosteneffizienz bei der Entwicklung eine zentrale Rolle. Mit dem rapiden Anstieg der Zinsen und damit dem Ende der Niedrigzinsära umso mehr.
Während Klimawandel und Inflation alle Immobiliensegmente gleichermaßen auf lange Sicht beeinflussen, zeigt der Blick in die einzelnen Segmente, dass gerade die in der Pandemie gestärkten Trends bereits kurzfristig zu strukturellen Veränderungen führen. Am offensichtlichsten wird dies bei Büroimmobilien. Rund 84 Prozent der deutschen Unternehmen wollen ihre gegenwärtigen Homeoffice-Regelungen beibehalten, so das Ergebnis einer Umfrage des ifo Instituts. Die Büroarbeit wird also zeitlich flexibler, fokussiert sich auf Austausch, Kommunikation, Kreativität und Repräsentieren. Gleichzeitig nimmt der Grad der Digitalisierung zu. Das alles führt zu einer strukturellen, baulichen Aufwertung von Büroimmobilien und letztlich in Kombination mit der wachsenden Nachfrage auch zu steigenden Preisen. Entscheidend sind eine zentrale Lage mit gutem Anschluss an den ÖPNV.
Gravierend sind die Einschnitte, die dem Einzelhandel bevorstehen. Das veränderte Kaufverhalten und die Zunahme des Onlinehandels führen dazu, dass mehr als 40 Prozent der Warenhäuser von Schließung bedroht sind, so eine aktuelle Auswertung des Datenanbieters PMA. Dies bringt zwangsläufig eine Neuausrichtung bei der Gestaltung von innerstädtischen Einzelhandelsbereichen mit sich, sowie Anpassungsdruck bei Shopping Centern. An Bedeutung gewinnen werden der großflächige Einzelhandel, Erlebnis-Shopping und Gastronomie. Generell wird die Aufenthaltsqualität zu einem entscheidenden Faktor in der Projektentwicklung.
Weniger Einzelhandel heißt mehr Onlinehandel und damit mehr Nachfrage nach Logistikflächen. Die Struktur innerhalb der Logistikbranche wird diversifizierter, Volumen und Warenströme nehmen weiter zu. Vor allem stadtnahe Logistikkonzepte sind gefragt, stellen die Entwickler aber vor große städtebauliche Herausforderungen. Ein wichtiger Trend: Nachhaltigkeit und die energetische Performance der Gebäude gewinnen bei Mietern immer weiter an Bedeutung.
Im Bereich Wohnen gilt: Beim aktuellen Tempo im Neubau kann die hohe Nachfrage vor allem in den wirtschaftsstarken Ballungsgebieten nicht bedient werden. Zu beobachten ist eine wachsende Bedeutung von Quartiersentwicklungen mit der Verbindung von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Freizeit. Und auch bei Wohnimmobilien ist Nachhaltigkeit ein auschlaggebendes Thema: Die zweite Miete – hier allen voran die Kosten für Heizung und Strom – ist für viele Mieter ein spürbarer Belastungsfaktor.
Unterm Strich zählen eine tiefe Wertschöpfung mit strategischem und operativem Know-how im Immobilienmanagement zu den wichtigsten Faktoren für nachhaltigen Anlageerfolg. Ebenso ein aktives Management entlang des kompletten Immobilien-Lebenszyklus sowie eine regionale und sektorale Diversifikation. Aktuell lassen sich attraktive Einstiegschancen in den Segmenten Büro und Logistik beobachten – hier ziehen auch die Transaktionsvolumina langsam wieder an. Bei anderen Segmenten – beispielsweise im Einzelhandel oder bei Wohnen – ist der Preisanpassungsmechanismus dagegen nach wie vor im Gange. Neben dem Pricing ist vor allem die Liquidität der Märkte entscheidend. Für die kommenden Monate bleibt die spannende Frage: Wie liquide ist der Markt in einzelnen Segmenten und wie entwickeln sich Angebot und Nachfrage.
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