What´s next, Highstreet?

07/01/2021

Autor

Iris Schöberl

Iris Schöberl

Managing Director Germany und Head of Institutional Clients

BMO Real Estate Partners Germany

Blogbeitrag

Mehr Leben in Deutschlands Innenstädte: Gemischte Konzepte bieten Chancen für Mieter und Investoren

Der Einzelhandel befindet sich in einem Umbruch und mit ihm auch unsere Innenstädte. Covid-19 ist hierfür gewiss nicht der Auslöser, aber definitiv ein Katalysator gewesen. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen man „in die Stadt“ fahren musste, um etwas Besonderes einzukaufen. Der modische Bikini, die exklusive Uhr oder das schicke Schuhmodel können heute bequem vom Sofa aus bestellt und bis vor die Haustür geliefert werden. Und dennoch ist der Einzelhandel aus unseren Innenstädten nicht wegzudenken. Und das ist auch gut so. Die Verschiebung von Umsätzen ins Online-Geschäft, aber auch die Pandemie zwingen die Händler aber zum Umzudenken. Neue Wege und resiliente Konzepte müssen entwickelt werden, die in der Lage sind Vielfältigkeit zu fördern und in der Folge für stabile Frequenzen, Umsätze und letztlich Mieteinnahmen sorgen. Dafür ist es unabdingbar, den Status Quo auf der Fläche und die aktuellen Trends zu kennen, die zukünftig den Wandel mitbestimmen werden.

Im Rahmen unseres Highstreet Reports „What´s next, Highstreet?“ haben wir 2019, also noch vor Corona, die Einkaufsstraßen von 141 Städten Deutschlands untersucht und in einem Online-Tool zusammengestellt – um Kontexte zu erkennen, Synergien herauszufiltern, Verteilungen zu visualisieren. Demnach wird die neue Reise des innerstädtischen Einzelhandels vor allem von zwei Treibern bestimmt: Auf der einen Seite übt die zunehmende Online-Konkurrenz einen gewissen Druck auf einige Segmente aus und führte insbesondere im Bereich der Textiler zu Flächenkonsolidierungen und Restrukturierungen. Aus großen Dependancen werden kleinteilige Shops, die teilweise auch auf eine zusätzliche Bespielung der Fläche setzen. Das Ziel sind die Steigerung der Aufenthaltsqualität und -dauer, die Schaffung eines Erlebnisses, die Identifikation mit dem Ort: Integrierte Cafés lassen beispielsweise aus dem Einkauf des neuen Outfits den Kaffeeklatsch mit Freunden werden. Ganz nach dem Motto: „More than shopping“. Dazu gehören ebenfalls ein professioneller Berater sowie Angebote wie Click & Collect. Gleichzeitig begeben sich aber vermehrt Online-Player auf die Fläche, da sie den Mehrwert einer stationären Präsenz erkannt haben. Zalando und Co. haben hierbei nicht nur die vertrieblichen Potentiale des Multi-Channeling im Blick, sondern wissen auch um die zusätzlichen Anreize, die ein Shop in der Innenstadt mit sich bringen kann. Auch wenn viele Onliner theoretisch auf den analogen Kanal verzichten könnten, ist der Push-Effekt für den Beziehungsaufbau zwischen Kunden und Marke nicht zu unterschätzen und wirkt sich langfristig auf die Bekanntheit des Unternehmens aus. In einer immer komplexeren und zunehmend digitalisierten Welt steht die unendliche Produktvielfalt des E-Commerce der Sehnsucht nach Beratung, Service und realen Begegnungen gegenüber. Eine Sehnsucht, die durch die Pandemie noch weiter befeuert wurde und aus dem die Onliner nun auch Profit generieren möchten.

Auf der anderen Seite führen Visionen über die Städte von Morgen ebenfalls zu neuen Wegen in den Highstreets: In den Innenstädten ist der Wunsch nach mehr Belebung nach Ladenschluss zu spüren. Die Umsetzung zeigt sich in vielerlei Hinsicht: Anbieter verschiedenster Branchen fassen Fuß – Vom Fitness-Studio über den Beautysalon bis hin zu mehr Gastronomie. Hinzu kommt die Implementierung weiterer Nutzungen wie Wohnen und Büros. Aus der Highstreet wird ein Mixed-Use-Quartier – ein multiurbaner Hotspot. Das i-Tüpfelchen bildet dabei die temporäre Eventisierung des öffentlichen Raums, die nach der Pandemie verstärkt einsetzen wird: Weinfeste, Ausstellungen, Sportveranstaltungen. Verkaufsoffene Sonntage und Weihnachtsmärkte sind dabei quasi gesetzt. Diese Formate unterstützen die Anziehungskraft der Innenstädte und werden für weitere Impulse sorgen.

Eigentümer, Investoren, Assetmanager, Projektentwickler und Co. müssen flexibler denn je sein. Von den Konzeptionierungen der Flächen über die Betrachtung innovativer Konzepte bis hin zur Gestaltung von Verträgen. So ist es essenziell, die Reise gemeinsam mit den Einzelhändlern, On- wie Offliner, Städten und Gemeinden sowie Nutzern zu bestreiten, den digitalen und stationären Einzelhandel als Teil des Ganzen zu betrachten: Ein Player im digitalen Netzwerk, eine Fläche im städtebaulichen Konstrukt. Die Pandemie hat viele Betreiber und ihre Konzepte verhindert oder aufgehalten. Nach mehr als einem Jahr Stillstand ist es nun um so entscheidender voneinander zu lernen und gemeinsam Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Vielfältigkeit und das Potenzial unserer Innenstädte neu zu entdecken und nachhaltig zu fördern. Wir sollten alle Stakeholder bei ihrer Reise in eine neue Einkaufswelt unterstützen.

„What´s next, Highstreet? Ein Blick auf Deutschlands Einkaufsstraßen von BMO Real Estate Partners.“

BMO Real Estate Partners Germany hat in Zusammenarbeit mit der bulwiengesa AG ein Tool entwickelt, das 2019 erstmals die Mieter- und Besatzstrukturen in den Highstreets von 141 deutschen Städten erfasst hat. In Gänze wurden über 150 Highstreets, rund 150 innerstädtische Shopping-Center, mehr als 6.600 Mieter und über 20.700 Shops mittels der Visualisierungs-Software „Tableau“ zusammengeführt. Im Sommer 2021 werden die Ergebnisse der zweiten Erhebung der deutschen Highstreets veröffentlicht.

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