ESG-konforme Wertoptimierung in Immobilienportfolios
Autor
Dr. Roland Claussen
Blogbeitrag
ESG-konforme Wertoptimierung in Immobilienportfolios
Innerhalb weniger Jahre hat die Rele - vanz einer ganzheitlichen Planung und Bewertung von Immobilienportfolios unter Berücksichtigung eines ESG-Frameworks erheblich zugenommen. Bei ESG handelt es sich um einen konzep - tionellen Rahmen, welcher die Berück - sichtigung einer Vielzahl von Faktoren aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Steuerung (engl. Environmental, Social, Governance) voraussetzt und grundsätzlich auf alle Wirtschaftsbe - reiche Anwendung finden kann. Während sich die meisten Akteure einig sind, dass eine integrative ESG-Planung und Umsetzung im betrieblichen Kontext sinnvoll und erstrebenswert ist, hat sich eine systematische Anwendung bisher nicht durchgesetzt. Einer der wesentlichen Gründe dafür ist die große Heterogenität der Gegebenheiten in verschiedenen Wirtschaftsbereichen, ein Mangel an Standards und Instrumenten zur Umsetzung von ESG-Maßnahmen im Unternehmenskontext, sowie volatile regulatorische Vorgaben und Rahmen - bedingungen.
Insbesondere für gewerbliche Immo - bilieneigentümer stellt dies eine Heraus - forderung dar, weil die energetischen Aspekte des Immobilienportfolios einen zunehmenden Einfluss auf den Verkaufs- oder Mietwert und damit den Unternehmenserfolg haben.
Für den Zeitraum von Q3/2021 bis Q1/2024 lässt sich bspw. feststellen, dass Wohnimmobilien der unteren Energie-Effizienzklassen F, G und H einen um über 20% geringeren Verkaufswert im Vergleich zur höchsten EnergieEffizienzklasse A+ aufgewiesen haben. Gleichzeitig waren bereits 2021 in Deutschland ca. 45% aller Wohnge bäude
den Energieeffizienzklassen F, G, H zuzurechnen. In einem hypothetischen Portfolio von 500.000 m² Wohnfläche ergibt sich so eine Wertdifferenz von rund 200 Mio. EUR nur durch die Gebäude der Kategorien F, G, H, wenn durchschnittliche Quadratmeterpreise einer Großstadt angenommen werden.
Abbildung 1: Wertunterschiede unterschiedlicher Energie-Effizienzklassen bei Wohngebäuden
Quelle: Jones Lang LaSalle IP, Inc. (2024)
Für Immobilieneigentümer stellt sich die Herausforderung, auf systematische Art und Weise konkrete Handlungsoptionen zu identifizieren und diese sowohl unter regulatorischen als auch kaufmännischen Aspekten sinnvoll zu priorisieren.
Um dieses Vorgehen gewährleisten zu können, müssen (1) ausreichende und valide Gebäudedaten für alle physikalischen Baukörper erhoben werden, diese müssen (2) unter Berücksichtigung von energetischen Optimierungsmaßnahmen inkl. konkreter Materialien, der Materialkosten und resultierenden Effekten auf den Energiebedarf sowie (3) unter Erfüllung der regulatorischen Vorgaben in die Analyse und Planung für jedes Gebäude einfließen.
Auf dieser Grundlage können für gesamte Portfolien und einzelne Baukörper handlungsleitende Übersichten und zielführende Normstrategien abgeleitet werden.
Bei der Berechnung und Simulation solcher Maßnahmen für ein gesamtes Portfolio und über Zeiträume von bis zu 50 Jahren werden je nach Analyseumfang über 140.000 Variablen zur Berechnung herangezogen, die wiederum Wechselwirkungen untereinander aufweisen. Die dafür erforderlichen Rechenkapazitäten waren aufgrund der enormen Kosten bis vor wenigen Jahren ausschließlich großen und größten Institutionen sowie der Wissenschaft zugänglich. Durch die exponentielle Entwicklung in der Informationstechnologie und damit einhergehende Reduktion der Kosten für derartige Berechnungen sind entsprechende Software-Lösungen mittlerweile auch für mittelständische Unternehmen verfügbar.
Abbildung 2: Strukturierung eines Muster-Portfolios zur Planung energetischer Modernisierungsmaßnahmen
Quelle: eigene Daten u. Darstellung, 2024
Insgesamt zeigt sich, dass für Immobilien eigentümer und Unternehmen eine umfassende und auf zuverlässigen Daten basierende Portfolioplanung zunehmend relevant wird. Die resultierende Komplexität kann unter Verwendung geeigneter Software reduziert werden, um sich schnell und ressourcenschonend einen Überblick zu verschaffen und eine konkrete Priorisierung und Maßnahmenplanung bis auf Ebene einzelner Materialien vorzunehmen. Die daraus resultierenden Potentiale wirken sich unmittelbar auf den Immobilien- und Portfoliowert aus und bilden damit eine sinnvolle unternehmerische Maßnahme.
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