Wohninvestments – quo vadis?
Autor
Thomas Krützmann
Blogbeitrag
Vielen Investoren gelten Wohnimmobilien in Krisenzeiten als sicherer Hafen. Tatsächlich scheinen auch diesmal die Corona-bedingten Turbulenzen daran weitgehend vorüberzuziehen – aus guten Gründen.
Das Ziel der Bundesregierung, in dieser Legislaturperiode 1,5 Millionen neue Wohnungen zu bauen, wurde erneut verfehlt. Wir können uns also in den Wachstumsregionen auf eine andauernde Unterversorgung mit bezahlbarem und modernem Wohnraum einstellen. Die hohe Investorennachfrage trifft auf ein quantitativ und qualitativ eingeschränktes Angebot. Gute Bestände werden gehalten. Manche nutzen die Marktlage, um ihr Portfolio zu bereinigen.
Welche Wege gibt es, ein Wohnportfolio auf- und auszubauen?
Zumeist werden Bestandsimmobilien erworben, die nach ihrer konkreten Lage, Bauqualität und Vermietung geprüft und beurteilt werden und wo die Cash Flows rasch fließen. Die Preise für Bestände sind stark gestiegen. Mehr als zwei bis drei Prozent Nettoanfangsrendite sind derzeit kaum erzielbar, nicht viel für ein illiquides Investment. Schnäppchen gibt es nicht mehr, vielmehr ist genaues Hinsehen gefordert. Die Folgerisiken von Bestandsimmobilien sind kaum kalkulierbar. Die Anforderungen der Mieter wie beispielsweise Home Office und Wanderung an periphere Standorte verändern sich. Europäische und nationale gesetzliche Vorschriften, vor allem im Bereich Klimaschutz, werden restriktiver. Wer Anpassungen versäumt, wird dies langfristig bei der Vermietung und Wertentwicklung des Objektes und damit bei seiner tatsächlichen Rentabilität spüren.
Forward Deals haben stark an Bedeutung gewonnen. Allerdings sind auch dort die Nettoanfangsrenditen unter Druck gekommen. Bei realistischer Kalkulation dürften die Nettoanfangsrenditen heute bei guten Projekten zwischen drei und 3,5 Prozent liegen. Die Perspektive des veräußernden Bauträgers bei Forward Deals ist kurz. Er will dadurch seine Liquidität schonen, sein Geschäftsrisiko reduzieren und seinen Gewinn optimieren. Langfristige Aspekte wie ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit sind aus seiner Sicht sekundär. Der Vertragsgestaltung und -durchsetzung kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu.
Eine Alternative stellt der »Develop and hold«-Ansatz dar. Immobilien werden in einem Poolfonds oder Individualmandat zusammen mit einem erfahrenen Partner auf die eigenen Bücher entwickelt und dann in den langfristigen Bestand überführt. Der Investor realisiert den Entwicklungsgewinn selbst und senkt auf diese Weise seine Anschaffungskosten. Zudem sind die Erwerbsnebenkosten niedriger, da sie nur auf das Grundstück anfallen. So ist eine deutliche Überrendite erzielbar. Nutzt man die bestehenden KfW-Förderprogramme mit Tilgungszuschuss, lassen sich im Schnitt Ausschüttungsrenditen von 4,5 Prozent p.a. über die gesamte Haltedauer generieren.
Fazit
Die typischen Entwicklungsrisiken wie Planungszeiten, Bauzeiten und Baukosten kann man nicht ausschließen. Durch einen erfahrenen Partner, den Einstieg nach Vorliegen des Baurechts und die Streuung der Investitionen sind sie jedoch reduzierbar. Stresstests und Risikoanalysen zeigen zudem, dass diese kurzfristigen Risiken systematisch überschätzt werden. Ihnen stehen niedrigere Risiken in der anschließenden Haltephase gegenüber. Aufgrund der Interessensgleichheit von Investor und Entwickler entsteht ein robustes Investment mit ausgewogenem Verhältnis von Chance und Risiko. Letztlich haben alle Ansätze ihre Berechtigung, wenn sie zur Strategie und zum Portfolio des Investors passen. Es gilt überkommene Sichtweisen auf den Prüfstand zu stellen und langfristige Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen, um zu einem sachgerechten Urteil zu kommen.