In der Spätphase der Pandemie

10/07/2021

Autor

Dirk Schuldes


Dirk Schuldes

Global Head of Hospitality

Commerz Real AG

Blogbeitrag

Die Corona-Pandemie war und ist zweifellos eine schwere Bürde für das Hotel- und Gastronomiegewerbe – aber nicht das zwingende Aus für jedes Haus. Jetzt, in der (hoffentlich) Spätphase der Pandemie, zeigt sich, welche Überlebensstrategien funktionieren und welche Hotelkonzepte langfristig zukunftsfähig sind.

Die Pandemie verlief in mehreren Phasen: kurzer harter Lockdown im Frühjahr 2020, relative Offenheit im Sommer 2020, langer harter Lockdown ab Spätherbst 2020 und dann wieder relative Offenheit im Sommer 2021. Kurzarbeit und andere Formen der staatlichen Unterstützung waren in den Lockdown-Phasen für viele Häuser überlebensnotwendig. Die Branche rutschte aber auch aus einer Position der Stärke in die Pandemie; in den Jahren zuvor reihte sich ein Übernachtungsrekord an den nächsten.

Hotelbetreiber, die in dieser Zeit die Betriebskosten unter Kontrolle hatten und gut und umsichtig gewirtschaftet haben, hatten während der Lockdowns nicht nur die besseren Überlebenschancen, sondern konnten die Schließungsphasen im Idealfall sogar für Renovierungen, die Umstellung von Prozessen oder gar vollständige Neupositionierungen nutzen – finanzielle Reserven und ausreichende Bonität vorausgesetzt.

Angesichts ausbleibender Übernachtungsgäste während der Lockdown-Phasen war es umso wichtiger, während der relativ offenen Sommermonate genügend Umsatz zu generieren. Im Inland oder im benachbarten Ausland war dies (zumeist) möglich, da viele Menschen den Sommerurlaub pandemiebedingt im Inland oder in „Autoreichweite“ verbringen wollten. Tourismusdestinationen wie Nord- und Ostsee oder der Alpenraum waren jedenfalls stark gebucht. Stadthotels und vor allem Business-Hotels konnten davon zwar weniger profitieren, aber ein wenig Luft zum Atmen bescherten die Sommermonate auch ihnen. Um dieses Momentum bestmöglich zu nutzen, waren allerdings funktionierende Hygienekonzepte gefragt. Viele Hoteliers haben dabei viel Flexibilität und Innovationskraft unter Beweis gestellt.

Trotz allem waren Verhandlungen über die Pachtverträge zwischen Hotelbetreibern und Investoren oder Stundungen der Pachtzahlungen nicht gänzlich zu vermeiden. Verhandlungsbereitschaft kann dabei aber auch im Sinne der Investoren sein: Sie stärkt das beiderseitige Vertrauen, vor allem, wenn Konsens über die Zukunftsfähigkeit des Hotelkonzepts herrscht. Mitunter lässt sich im Gegenzug über Verlängerungen der Vertragslaufzeiten oder die Einführung von Indexklauseln diskutieren. Künftig ist es nicht ausgeschlossen, dass nach dieser Pandemie-Erfahrung die umsatzabhängigen Anteile an den Pachtzahlungen gegenüber der Fixpacht steigen werden. Auch davon können Investoren perspektivisch profitieren. Konsequent durchsetzen werden dies allerdings nur erfolgreichere Hotelkonzepte und -unternehmen.

Langfristig wird die Corona-Pandemie als eine Phase in die Hotelgeschichte eingehen, in der sich die Spreu vom Weizen trennte. Denn für die wettbewerbsfähigeren Hotels bedeutet die Geschäftsaufgabe schwächerer Marktteilnehmer ein größeres Marktpotenzial. Und das sind vor allem diejenigen Häuser, die sich vor (und sogar während) der Krise auf höhere Gästeansprüche eingestellt haben, die Marke etabliert haben und einen Weg zu hoher Effizienz und Skalierbarkeit gefunden haben. Erfolgreiche Hotels bieten ihren Gästen mehr als ein Bett an, sondern Erlebnisse und Begegnungen, die in Erinnerung bleiben. Dazu muss man als Gast nicht notwendigerweise tief in die Tasche greifen – einige Ketten im Budgetbereich gelten dabei als wegweisend.

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