Neuer ESG-Standard für die Immobilienbranche

06/27/2022

Autor

Thomas Wenzel

Thomas Wenzel

Partner

Bell Management Consultants

Blogbeitrag

Neuer ESG-Standard für die Immobilienbranche

Energieeffizient, grün, nachhaltig - diese Begriffe sind längst in der Immobilienbranche fest verankert. Das ist auch dringend nötig, denn die Immobilienwirtschaft ist einer der größten CO2-Verursacher weltweit. Allein in Europa sind Immobilien für rund 30 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Entsprechend steigt der Druck von Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit auf die Branche, nachhaltige Lösungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln und umzusetzen. Auch durch die EU-Taxonomie wurden ESG-Anforderungen formuliert, die dazu beitragen sollen, bis 2045 ein komplett klimaneutrales Europa zu schaffen.

In puncto Umsetzung herrscht jedoch noch eine gewisse Orientierungslosigkeit und auch die Einbindung der ebenfalls geforderten sozialen und Governance-Aspekte ist bei Bestandshaltern, Asset Managern, Projektentwicklern und Investoren groß. Allgemein fehlen den Akteuren Steuerungstools auf Portfolio-Ebene, die sowohl die EU-Taxonomie abbilden, bei der Einordnung im Rahmen der Offenlegungsverordnung unterstützen, aber auch Aufschluss geben, welche Risiken sich im Portfolio befinden. Stichworte wie Stranded Assets oder auch drohende Abwertungen sind hier zu nennen.

Die Lösung dieser Problematik liegt in der Implementierung eines einheitlichen Branchenstandards, der als neutrale Mess-, Steuerungs- und Koordinationseinheit fungiert. Seit 2019 haben rund 150 Unternehmen aus dem Bereich Fonds- und Assetmanagement, der Projektentwicklung sowie dem Bankenbereich genau daran gearbeitet. Ziel war es einen Standard zu entwickeln, der es Immobilienfonds, Investoren, Bestandshaltern und Projektentwicklern über alle Asset-Klassen hinweg ermöglicht, die ESG- und Taxonomie-Konformität ihrer Objekte und Portfolios zu analysieren. Gleichzeitig hilft er, einen konkreten Fahrplan abzuleiten, welche Maßnahmen zu treffen sind, um ESG-Konformität zu erreichen. Ebenso liefert der Standard ein Benchmarking zu anderen Objekten bzw. Portfolios, das – wie von der Taxonomie gefordert – die Einordnung im Markt ermöglicht. Das Scoring ist für kleine und große Unternehmen einsetzbar sowie international ausgerichtet, da viele Akteure europaweit oder sogar weltweit investiert sind und agieren.

Gerade auch für Banken ist ein solcher Standard von äußerster Relevanz, da diese ihre gesamten Immobilienfinanzierungen und Fonds-Emissionen nach ESG-Gesichtspunkten bewerten müssen. Beispielsweise müssen Immobilienfonds, die Artikel 8 der Offenlegungsverordnung entsprechen, ökologische und soziale Merkmale in ihrer Investitionsstrategie enthalten. Bei Immobilienfonds nach Artikel 9 geht darüber hinaus von der Investition eine „positive Wirkung“ auf ihre Umgebung aus, sogenanntes „Impact Investing“. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Investoren, die eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Strategie verfolgen, nach Fonds mit Artikel 8 und 9 Prädikat schauen. Zu entscheiden hat die BaFin, in welche der vorgenannten Klassen ein Immobilienfonds eingeordnet wird. Sie tut dies im Rahmen der Prüfung der vom Fondsanbieter einzureichenden Dokumentation. Der BaFin kommt also eine entscheidende Rolle zu.

Es ist also sinnvoll, ein einheitliches Raster für die Branche zu haben, das sie durch den ESG-Dschungel führt. Mit einem transparenten europäischen Branchenstandard werden die Unsicherheiten im Markt beseitigt und Klarheit und Vertrauen geschaffen. Damit gelingt es der Immobilienbranche einen essenziellen Schritt hin zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Zukunft zu machen.

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