Alter Verwalter

11/08/2023

Autor

Martin Lenhart MRICS

Martin Lenhart MRICS

Geschäftsführer

RET10 GmbH

Blogbeitrag

Alter Verwalter

Die Ära der wundersamen Immobilienwert-Vermehrung ist mit dem beispiellosen Zinsanstieg der letzten Monate vorbei. Das institutionelle Immobilieninvestment muss sich nun inhaltlich viel stärker mit den Immobilien auseinandersetzen. Damit verbunden ist die Notwendigkeit, die bisherigen Verwalterstrukturen aufzubrechen.

Die Immobilienrechnung lief seit über einer Dekade so: Miete mal Multiplikator. Der Multiplikator wird rein rechnerisch abgeleitet aus dem Liegenschaftszins. Dieser wird von zertifizierten Immobilienbewertern und Gutachterausschüssen wissenschaftlich aufwändig ermittelt, auf Basis von Lagen und Vergleichstransaktionen. In der Praxis zeigt der Multiplikator an, zu welchem Preisniveau man gekauft hat – aber eben nicht, was man gekauft hat. Denn bei dieser simplifizierten Bewertung von Investments wurde der zweite Faktor der Multiplikation, die Nachhaltigkeit der Miete, einfach ausgeklammert. So wurde der Einkauf einer Wohnanlage in München „für das 30-fache“ automatisch zum Schnäppchen deklariert.

Der jahrelang durch massiven Nachfrageüberhang befeuerte deutsche Immobilienmarkt verzeichnete eine atemberaubende Preisentwicklung. Die Multiplikatoren und damit die Immobilienpreise stiegen ganz von selbst. Ob der Faktor „Miete“ nachhaltig erzielt wurde, war dabei fast schon egal.

„Miete“ ist in diesem Zusammenhang ebenfalls sehr simplifiziert ausgedrückt. Eigentlich geht es um das Rohergebnis, also das operative Ergebnis der Immobilie. Die Steuerungsgrößen hierfür sind einerseits die Mieten und deren Steigerung unter Berücksichtigung bestehender Vertragslaufzeiten. Andererseits sind hierfür die operativen Kosten entscheidend, insbesondere auch für die Instandsetzung und -haltung.

Künftig dürften die Parameter des Rohergebnisses sehr viel wichtiger werden – für die Beurteilung des Erfolges von Immobilieninvestments anhand der laufenden Rendite, die dann nicht mehr über die Einbuchung imaginärer Wertsteigerungen „optimiert“ werden kann. Die Schlüssel hierfür sind ein cleveres Mieter- und Mietvertragsmanagement und die effiziente technische Begleitung und Weiterentwicklung der Immobilie.

Diese Aufgaben sind klassische Themen des Property Managements, also dem „Hausverwalter“, der in der Theorie die Immobilie operativ managen und dabei möglichst vor Ort sein soll. In der Praxis sind Property Manager jedoch oftmals zu Low Budget-Dienstleistern verkümmert, die nur einen Bruchteil der gesamten Verwaltungskosten einer Immobilie erhalten, letztendlich jedoch die wichtigsten Leistungen erbringen sollen, damit die Immobilie erfolgreich läuft.

Bei Corporate Investments liegt ein großer Fokus auf dem Management des Unternehmens. Durch die Zerstückelung von Verwaltungsstrukturen in Portfolio-, Investment-, Asset-, Property-, und Facility-Manager verfügen Immobilien jedoch oftmals über kein effizientes Management mehr. Insbesondere die Ergebnis-Verantwortung verliert sich in den zersplitterten und intransparenten Zuständigkeiten. Wer will schon feststellen, wer genau dafür verantwortlich ist, wenn die jährlich kalkulierte Mietsteigerung nicht eintritt?

Zumal die Vergütungsstrukturen umgekehrt proportional zur Nähe zum Objekt verlaufen. Im Branchendurchschnitt dürfte beispielsweise bei Wohnimmobilien die Kostenquote für die Hausverwaltung bei lediglich 10 bis 15 Prozent der gesamten Verwaltungskosten einer Objektgesellschaft liegen. Die Vergütung des Asset- respektive Portfolio-Managements fällt regelmäßig mehr als doppelt so hoch aus.

Aufgrund der stärkeren Fokussierung auf Mieten und vor allem kosteneffiziente Instandhaltungsprozesse wird der Hausverwaltung künftig eine entscheidende Rolle zukommen. Diese Rolle können Hausverwaltungen nur ausfüllen, wenn sie hinsichtlich Technik, Prozessen und Personalqualität aufrüsten und sich neu erfinden, was nur über eine Umverteilung der Gebühren im gesamten Verwaltungsprozess finanziert werden kann. Die Einbindung von öffentlichkeitswirksamen, modularen PropTech-Lösungen ist dabei obligatorisch, aber nur Teil der Lösung.

Der Immobilienerfolg wird – gerade auch im Hinblick auf die energetische Regulatorik – maßgeblich von der Integration von Verwalterstrukturen abhängig sein. Die Reduzierung von Entscheidungsstufen und Schnittstellen ist hierbei ein wichtiger Schlüssel, der allein durch den Einsatz von Technik und KI nicht geleistet werden kann.

Der Verwalter der Zukunft versteht die Immobilie und das Investment beziehungsweise den Investor und bildet idealerweise die vollständige Wertschöpfungskette vom Anlageberater bis zum Hausmeister selbst ab. Das erlaubt, die Verwalterkosten so zu verteilen, dass die Mittel dort ankommen, wo sie zur Erstellung eines guten Produktes hauptsächlich benötigt werden: in der Produktion. Das entspricht der richtigen Einordung einer Immobilie, und zwar als ein eigenes Unternehmen – gesteuert durch eine effiziente Verwaltungsstruktur.

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