Pre-Marketing bei Spezial-AIF

12/01/2022

Autor

Dr. Andreas Böhme

Dr. Andreas Böhme

Partner

King & Spalding LLP

Blogbeitrag

Pre-Marketing bei Spezial-AIF

Am 5. Juli 2022 hat die BaFin ihre aktualisiertes Rund­schreiben „FAQ Vertrieb“ veröffentlicht, in denen insbesondere auch der Abschnitt zum Vertrieb von Spezial-AIF vor dem Hintergrund der neu ge­schaffenen Pre-Marketing-Regelungen überarbeitet wurde. Das gibt Anlass, zwei in diesem Zusammen­hang praktisch sehr relevante Konstellationen genau­er zu beleuchten.

Pre-Marketing von Immobilien?

In der Praxis wird zuweilen die bei der Auflage von Spezial-­AIF häufig anzutreffende Konstellation diskutiert, ob bereits das Anbieten einer bestimmten Immobilie potenziellen Investoren gegenüber Pre-Marketing darstellt. Häufig steht am Anfang eines Investitionsprozesses zunächst die Immobilie: die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) bzw. der Asset Manager haben die Möglichkeit, eine bestimmte Immobilie zu erwerben und bieten diese möglichen Investoren an, wobei die rechtliche Investitions- und Haltestruktur noch nicht feststeht. Je nach Präferenz des Investors kann diese später über einen neuen oder bestehenden Fonds oder auch direkt durch den Investor erworben werden (wobei dann die KVG das Asset Management als Neben­dienstleistung übernimmt). Zu diesem Zeitpunkt steht damit noch nicht fest, ob der Erwerb überhaupt durch einen AIF erfolgt. Es geht zunächst nur darum, ob für den Investor die Immobilie als solche interessant ist. Die Haltestruktur wird erst bei prinzipiellem Interesse diskutiert, wobei die Entscheidung darüber in der Regel vom Investor selbst getroffen wird. Die KVG ist regelmäßig für alle Halteformen (direkt auf der Bilanz des Investors, ­offener Fonds, geschlossener Fonds) offen. Pre-Marketing ist die Bereitstellung von Informationen über Anlagestrategien oder Anlagekonzepte für einen (geplanten oder nicht zum Vertrieb zugelassenen) AIF. Das ist beim bloßen Vorstellen einer Immobilie nicht gegeben. In diesem Stadium liegt somit noch kein Pre-Marketing vor. Findet die Immobilie Interesse und wünscht danach der Anleger einen Erwerb über einen Spezial-AIF, so liegt auch dann kein Pre-Marketing vor, sondern es handelt sich um sogenannte Reverse Solicitation, siehe auch Ziff. 1.4 des FAQ Vertrieb („Geht die Initiative zur Auflage eines Fonds oder zum Erwerb von Anteilen oder Aktien eines Fonds vom potenziellen Anleger aus (sog. Reverse Solicitation), handelt es sich weder um Vertrieb noch um Pre-Marketing“). In solchen Konstellationen sollte daher die Auflage eines Spezial-AIF ohne Beachtung der Regelungen zum Pre-Marketing und ohne Durchführung eines Vertriebsanzeigeverfahrens möglich sein, solange alle Anleger bereits im Stadium des Angebots (nur) der Immobilie am Investitionsprozess beteiligt waren, denn auch die 18-Monate-Sperrfrist des § 306b Abs. 2 Satz 2 KAGB setzt ein zuvor durchgeführtes Pre-Marketing voraus, was dann jedoch gerade nicht erfolgt ist.

Pre-Marketing in Service-KVG-Konstellationen

In Service-KVG-Konstellationen geht die Initiative für ein neues Fondsprodukt in der Regel vom Asset Manager aus. Die Asset Manager haben dabei regelmäßig keine KVG-Erlaubnis und häufig auch keine der in § 306b Abs. 6 KAGB genannten Zulassungen, und dürfen daher kein Pre-Marketing betreiben. Allerdings ist Pre-Marketing definiert als die Bereitstellung von Informationen zu dem geplanten Fondsprodukt durch die KVG oder in ihrem Auftrag. Das ist nicht der Fall, wenn der Asset Manager ohne Absprache mit einer KVG potenzielle Anleger anspricht. Diese Konstellation ist sehr häufig, denn in einem so frühen Stadium gibt es in der Regel noch keinen Grund, eine KVG anzusprechen, zumal es auch nicht selten vorkommt, dass die Anleger selbst Präferenzen für eine bestimmte Service-KVG haben und auf einer Zusammenarbeit mit dieser bestehen. Da in solchen Fällen die Ansprache der Anleger nicht im Auftrag der KVG erfolgt, liegt auch kein Pre-Marketing vor und § 306b KAGB ist nicht einschlägig. Es mag merkwürdig erscheinen, dass ein (im eigenen Interesse handelnder) Asset Manager die Regelungen des § 306b KAGB nicht beachten muss, eine KVG in gleicher Situation aber schon, jedoch ist der Wortlaut des Gesetzes eindeutig. Eine analoge Anwendung wird soweit ersichtlich nicht vertreten und wäre wegen der Strafdrohung gemäß § 340 Abs. 2 Nr. 77b, 79c, 79d KAGB auch schwerlich möglich.

„Vertrieb“ liegt in einem solchen Fall ebenfalls nicht vor, weil auch dieser ein Handeln im Auftrag der KVG voraussetzt (§ 293 Abs. 1 Satz 3 KAGB). Anlagevermittlung i.S.d. KWG bzw. des WpIG sollte bei einem noch nicht existenten AIF gleichfalls nicht vorliegen, jedoch kommt es hier ggf. auf die konkrete Konstellation an, die sorgfältig zu prüfen ist. Ist in den Gesprächen ein Interesse an dem Fondsprodukt festgestellt worden und kontaktieren die Anleger (ggf. zusammen mit dem Asset Manager) anschließend die KVG mit der Bitte um die Erstellung eines Vertragswerks, so sollte auch in dieser Konstellation Reverse Solicitation vorliegen, so dass weder Pre-Marketing noch Vertriebsvorschriften einschlägig sind und eine Fondsauflage ohne Vertriebsanzeigeverfahren möglich wird. Das Vorliegen von Anlagevermittlung hängt von der konkreten Strukturierung ab, jedoch erscheint dies jedenfalls vermeidbar. Damit sollte im Ergebnis eine Marktansprache durch einen Asset Manager auch ohne Zulassungen nach § 306b Abs. 6 KAGB unter Beachtung der dargestellten Grundsätze zulässig sein.

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