Rechenzentren rücken weiter in den Fokus der Investoren

03/12/2024

Autor

Dr. Jan Linsin

Dr. Jan Linsin

Managing Director, Head of Research

CBRE

Blogbeitrag

Rechenzentren rücken weiter in den Fokus der Investoren

Im Zuge des Digitalisierungsfortschritts wächst die Datenmenge exponentiell: Das Internationale Büro für Maß und Gewicht sah sich kürzlich sogar veranlasst, erstmals seit 1991 zwei neue Maßeinheiten für Daten einzuführen: Ronnabyte und Quettabyte – eine Eins mit siebenundzwanzig bzw. dreißig Nullen. Letzteres entspricht laut dem Unternehmen Cohesity einer Billion iPhone 15 mit jeweils einem Terabyte Speicherkapazität. Aneinandergereiht ist das in etwa die Distanz zwischen der Erde und der Sonne (Quelle: FAZ vom 8.1.2024).

Diese rasante Entwicklung aufgrund der intensiven digitalen Datengenerierung und -replikation durch Gaming, autonomes Fahren, Streaming oder Künstlicher Intelligenz (KI) stellt auch die Immobilien- und Infrastrukturbranche vor Herausforderungen: Bis 2027 soll sich die produzierte Datenmenge weltweit mit dann 284 Zettabyte mehr als verdoppeln. Dabei entspricht ein Zettabyte einer Milliarde Terabyte! Die Nachfrage nach hochleistungsfähigen Rechenzentren steigt also – gerade auch in Deutschland mit einem der weltweit führenden Internetknoten DE-CIX in Frankfurt sehr dynamisch. Das weckt mehr und mehr das Interesse der Infrastruktur- und Immobilieninvestoren, um mit privatem Kapital an der digitalen Transformation der Gesellschaft, der Wirtschaft und letztlich auch der Immobilien hiervon zu profitieren.

Digitalsektor wird zur Wunsch-Assetklasse

Deutschland und insbesondere Frankfurt kristallisieren sich immer stärker als ein zukunftssicherer Standort heraus, um Rechenzentrumsdienstleistungen in Europa anzubieten. Eine europäisch zentrale Lage, ein starker lokaler Nachfragemarkt, stabile Stromnetze, klare Rechtssicherheit und Renditen mit geringer Volatilität ziehen Investoren an. Die Assetklasse Rechenzentrum hat sich in den letzten drei Jahren fest etabliert und nach anfänglicher Skepsis wird die neue Regulierung (Energieeffizienz-gesetz, EnEfG) von vielen Marktteilnehmern als mittel- bis langfristiger Pull-Faktor eingestuft. Das Investmentvolumen in Rechenzentrumsinfrastruktur wird getrieben durch das generelle Marktwachstum, die nachhaltige Integration von Rechenzentren in die umliegende Infrastruktur mittels Abwärmenutzung und anderen Synergieeffekten, die Mehrwerte für die Assetklasse schaffen.

Relevanz und Akzeptanz für eine wachsende Branche

Neben Grundstücksengpässen und langen Wartezeiten in der Strombeschaffung sind Genehmigungsverfahren eine zentrale Herausforderung für Rechenzentrumsbetreiber. Öffentlichkeitsarbeit, bessere mediale Präsenz und mehr Aufmerksamkeit für die ökologischen und ökonomischen Vorteile von Rechenzentren haben die Akzeptanz für diese Assetklasse sowohl auf der gesellschaftlichen als auch politischen Ebene verbessert. Entscheidungsträger sind nun vertrauter mit den Eigenschaften, Anforderungen und Vorteilen von Rechenzentren, was sich positiv auf den öffentlichen Diskurs und auch lokale Regulierungen und Genehmigungsverfahren auswirken wird.

Lokale Märkte etablieren sich weiter

Getrieben durch die weitere Regionalisierung der Hyperscaler (AWS, Google, Microsoft) steigt das Interesse an lokalen Märkten neben dem nationalen Data Center-Hub Frankfurt/Rhein-Main. Eine Steigerung der latenzkritischen Applikationen, stärkere Nachfrage nach KI-Trainingsumgebungen und Engpässe im Kernmarkt Frankfurt, der weiterhin stark wächst, werden sowohl das langfristige Interesse von Investoren als auch die mittelfristigen Ausbauziele von Rechenzentrumsbetreiber in den Regionalmärkten stärken. Nachdem Berlin ein signifikantes Wachstum verzeichnen konnte, treten nun Märkte wie München, Hamburg und Düsseldorf in den Fokus von Rechenzentrumsbetreibern und Investoren.

Fortschreitende Nachfrage lässt Mieten steigen

Trotz veränderter wirtschaftlicher Gesamtlage steigt die Nachfrage nach Rechenzentrumskapazität in Deutschland weiter an. Eine Fortsetzung der Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage ermöglicht es Betreibern von Rechenzentren auch weiterhin, die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugeben, zumal sich die Kundenanforderungen weiter spezialisieren. Unterschiedliche Applikationen und Anwendungen haben schon immer unterschiedliche Rechenzentrumsinfrastrukturen benötigt. Zukünftig wird die steigende Nachfrage nach High-Performance-Computing (HPC) diesen Trend intensivieren. Rechenzentrumsbetreiber müssen die technische Infrastruktur anpassen oder Kundenanfragen nach hoher Leistungsdichte ablehnen.

Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit bleiben größtes Thema

Die branchenübergreifende Relevanz von Nachhaltigkeit und Künstlicher Intelligenz machen diese beiden Themen auch innerhalb der Rechenzentrumsbranche zum zentralen Thema. Die Nutzung von Abwärme aus Rechenzentren wird hier eine besondere Rolle einnehmen. Obwohl der Großteil der rechenzentrumsbezogenen KI-Umsetzungen innerhalb von Deutschland im Jahr 2025 stattfinden werden, wird die gesteigerte Nachfrage an Kapazität bereits dieses Jahr spürbar sein. Des Weiteren setzt die neue Gesetzeslage die Rechenzentrumsbetreiber unter Druck. Die Mindeststandards für die Energieeffizienz in Rechenzentren, die sich aus dem EnEfG von 2023 ergeben, machen Investitionen in Bestandsrechenzentren nötig. Trotz einer Schonfrist bis 2027 werden Optimierungsinvestitionen bereits 2024 getätigt werden müssen, um den Grenzwert des PUEs von 1.5 erreichen zu können.

In den letzten Jahren wurden in Deutschland rund 1,5 Milliraden Euro in Rechenzentren und geeignete Grundstücke investiert, wobei es sich hier um die immobiliennahen Investitionen handelt. Das gesamte Investitionsvolumen inklusive der Aktivitäten der Infrastrukturinvestoren dürften deutlich höher liegen, wie die jüngste milliardenschwere Investition von Microsoft in Leverkusen zeigt, der damit seine Rechenzentrumskapazitäten für Anwendungen im Bereich Künstlicher Intelligenz massiv ausbauen wird.

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