Stellenmarkt – Kollaps oder Dauer-Delirium?

11/24/2022

Autor

Dr. Heinz Schannath

Dr. Heinz Schannath

Geschäftsführer

Dr. Schannath Executive Search

Blogbeitrag

Immobilienfonds-Stellenmarkt –Kollaps oder Dauer-Delirium?

Der Stellenmarkt in der Fondsbranche scheint sich nicht erst während der Pandemie festgefahren zu haben. Aktiv suchende Kandidaten stellen eher eine Minderheit dar, Wechselwilligkeit ist nur begrenzt vorhanden. Bewerber sind sich ihrer sehr guten Situation im herrschenden Bewerbermarkt bewusst, Arbeitgeber tun sich in Teilen schwer, die Marktsituation zu respektieren. Die Demographie liefert ihren eigenen Beitrag. Im ersten Halbjahr 2022 wurden renommierte Personalberatungen mit so vielen Auftragsanfragen konfrontiert, dass diese nicht selten aus Kapazitätsgründen abgelehnt werden mussten. Wird es eine Wende während der aktuellen (Quasi-)Rezession geben?

Mit Beginn der Pandemie konnte man zwei „Phänomene“ feststellen, Stellenabbau bei kriselnden Unternehmen, aktive Einstellungspolitik bei erfolgreich agierenden Häusern. Diese Mandate konnten erfolgreich abgeschlossen werden, wenn auch die Aufwände erheblich stiegen. Waren in der Vergangenheit 50-100 Kandidatenansprachen notwendig, waren es nun nicht selten 200.

Nachdem die Pandemie mit Beginn des Jahres sukzessive an Bedeutung verloren zu haben schien, explodierten förmlich die Stellenausschreibung, und Personalberatungen mussten – für viele Neuland – Mandate aus Kapazitätsgründen absagen.

Von vielen Häusern werden ähnliche Kandidaten gesucht, insbesondere aus den Sektoren Institutional Sales, Fonds-/Portfoliomanagement, Asset- und Riskmanagement sowie Investment- und Transaktionsmanagement, auf Management- und Spezialistenebene, um nur einige Beispiele zu nennen. Der Bedarf an exponierten Kandidaten ist höher als das Angebot. Erschwerend hinzu kommt die Demographie, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Wenn auch eingeschränkt, gibt es immer noch Unternehmen, die sich dieser Bewerbermarktlage nicht bewusst sind und zu wenigen Kompromissen bereit bzw. in der Lage sind. So fordern Kandidaten beispielsweise 2 Homeofficetage und flexible Arbeitszeiten. Zuletzt berichtete uns ein Vorstand einer KVG, für einen Kandidaten wäre ein Vorstellungstermin um 9 Uhr morgens zu früh gewesen, er bat um einen späteren Termin. Früher wäre der Kandidat wieder ausgeladen worden, heute wurde der Termin auf eine spätere Uhrzeit verlegt.

Die Aufwände im Research stiegen weiter, in der Spitze mussten von uns mehr als 300 Kandidaten angesprochen werden, um eine Hand voll guter Kandidaten präsentieren zu können.

Neue regulatorische Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der ESG-Thematik, und das Change Management im Rahmen der digitalen Transformation verschärfen die Personalsituation im Immobilienfondssektor. Auch hier sind Experten rar und viele Unternehmen ringen um wenige exponierte Kandidaten mit korrespondierender Expertise, die nur über Personalberatungen zu besetzen sind.

Andererseits scheinen aktuell der Ukrainekrieg und die direkten Folgen wie hohe Inflationsraten, steigende Zinsen und eine Transaktionszurückhaltung institutioneller Kunden eine gewisse Kehrtwende auszulösen. Auswertungen der größten Stellenbörsen hinsichtlich Positionen im Umfeld der Immobilienfondsbranche haben ergeben, dass seit Mitte des Jahres die Anzahl der öffentlich ausgeschriebenen Stellen im Vergleich zum ersten Halbjahr merklich zurückgegangen ist.

Resümierend stellen wir fest, dass der Immobilienfondsstellenmarkt kurz durchzuatmen scheint. Die aktuelle (Quasi-)Rezession wird zu einer gewissen Zurückhaltung führen, mittelfristig wird das geringe Angebot an Kandidaten wieder das zentrale Thema sein.

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