Über die Erfordernis eines neuen Renditeverständnisses

07/14/2022

Autor

Sophie Kazmierczak

Sophie Kazmierczak

Chief Impact and Sustainability Officer

NEXT Generation Invest AG

Blogbeitrag

Über die Erfordernis eines neuen Renditeverständnisses

Impact Investing ist die konsequenteste Form des nachhaltigen Investierens und ist seit einigen Jahren auch im deutschsprachigen Raum in aller Munde. Ein wesentliches Merkmal des sogenannten wirkungsorientierten Investierens ist es, durch den zielorientierten Einsatz von Kapital einen klaren und nachweisbaren, ökologischen und/ oder sozialen Mehrwert zu schaffen. Es geht also darum, durch Kapital etwas Positives zu bewirken, gleichzeitig aber auch negative Nachhaltigkeitswirkungen möglichst gering zu halten oder gar zu eliminieren.

Die Frage, ob der sogenannte „Impact“, also die netto-positive Wirkung eines Investments zu Lasten der finanziellen Rendite geht, ist in der Finanzbranche eine viel diskutierte Frage. Sie fußt auf der Annahme, dass „Gutes tun“ zwangsläufig mit Einbußen verbunden sein muss, da man etwas abgibt, was nach einer traditionellen Sichtweise einem selbst bzw. den Anleger*innen zustehen sollte. Der Gedankengang erscheint auf den ersten Blick nicht vollkommen abwegig, denn die Grundzüge, auf denen dieser basiert, scheint unterbewusst fest in unserem Denken verankert. Die Volkswirtschaftslehre, deren Analysen seit jeher wichtiges Element politischer Entscheidungsfindung darstellt, geht beispielsweise davon aus, dass der „Homo economicus“ stets rational handelt und versucht, seinen eigenen Nutzen bzw. seine „utility“ zu maximieren. Der Gedanke, dass der Mensch oder Investor also Kapital anlegen und dabei nicht allein die finanzielle Rendite im Blick haben könnte, erscheint für die meisten Finanzmarktakteure demnach schlichtweg nicht nachvollziehbar. Auch in anderen Bereichen ist unser Verständnis von Wertigkeit nachweislich stark an den finanziellen Wert geknüpft. Doch sollte eine Investition nicht auch einen gesellschaftlichen Wert haben, der Berücksichtigung findet? Und gibt es konkrete Anhaltspunkte dafür zu behaupten, dass eine positive gesellschaftliche Wirkung (und hierunter ist ein signifikanter positiver Beitrag zum Klimaschutz ebenfalls subsumiert) mit einer vergleichbar schwächeren finanziellen Performance einhergeht? Oder handelt es sich vielleicht lediglich um einen weit verbreiteten Mythos, mit dem es aufzuräumen gilt?

Das Treffen einer pauschalen Aussage zu der oben formulierten Frage erscheint ausgesprochen komplex, da eine abschließende Einschätzung abhängig von der jeweiligen Anlagestrategie sowie zu erreichenden Wirkung ist. Es erscheint einleuchtend, dass ein soziales Wirkungsziel nicht mal eben mit einem ökologischen Wirkungsziel hinsichtlich Kosten, Aufwand und letztendlichem Nutzen verglichen werden kann. Dennoch hält sich die Behauptung „mehr Impact bedeutet gleich weniger Rendite“ standhaft. Hinzu kommt, dass bspw. die Kriterien der EU-Taxonomie, die erstmals definiert haben, was ein „nachhaltiges“ (ökologisches) Finanzprodukt ist, noch ausreichend Interpretationsspielraum bieten. Dies birgt auch für die Beantwortung der hier skizzierten Fragestellung gewisse Herausforderungen. Insbesondere im illiquiden Markt sind zudem Untersuchungen darüber, ob Impact tatsächlich zu Lasten von Rendite geht, aufgrund fehlender Datenpunkte (d.h. wirkungsorientierter Produkte) rar gesät. Im liquiden Bereich sieht dies für die breiter gefasste „nachhaltige Geldanlage“ schon anders aus, wenngleich in beiden Segmenten der Nachweis eines kausalen Zusammenhangs mit gewissen Hürden verbunden scheint. Bedeutet in Kürze: alle Reden von einem Widerspruch, den jedoch niemand systematisch belegen kann.

Letztlich lässt sich die Frage, ob Impact zu Lasten von Rendite geht, mit einem Wort adressieren: Zukunftsfähigkeit. Denn wirkungsorientierte Investitionen adressieren genau diejenigen Bereiche, in denen es zukünftig erwartungsgemäß zu größeren Anpassungen und Umwälzungen kommen wird, bspw. durch erhöhte Abgaben auf CO2-Emissionen. Das Thema Transitionsrisiken ist hierbei jedoch nur ein Stichwort. Die Möglichkeit junge Talente langfristig an das eigene Unternehmen zu binden, ein weiterer Aspekt. Investoren, die bei der Gestaltung ihrer Portfolien nicht nur auf die finanzielle, sondern auch die soziale oder ökologische Rendite schauen, werden somit zukünftig gleich auf mehreren Ebenen von ihrem Handeln profitieren können. Es ist also sicherlich nur eine Frage der Zeit, bis sich der Mythos, dass Impact zu Lasten von Rendite geht, auflöst und sich dieses Wissen langfristig in den Köpfen der Branchen verankern wird. Dann wird der Zeitpunkt gekommen sein, an dem Impact Investing zum Mainstream werden kann.

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