Auswirkung von ESG auf Immobilienpreise

11/08/2021

Autor

Bernd Haggenmüller

Bernd Haggenmüller

Senior Managing Director Real Estate

ARDIAN

Blogbeitrag

In allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen haben ESG-Faktoren massiv an Bedeutung gewonnen. Kein Unternehmen kommt mehr daran vorbei und in der Immobilienwirtschaft ist das kollektive Bewusstsein bezüglich der Wichtigkeit von Nachhaltigkeit (Environmental), sozialer Verantwortung (Social) und guter Betriebsführung (Governance) stark gewachsen. Daraus folgt ein gestiegener Handlungsdruck, im Sinne der ESG-Faktoren zu handeln.

Der Fokus liegt momentan auf dem E aus ESG, also der nachhaltigen Ressourcennutzung. Auch wenn Aspekte unter S und G nicht vernachlässigt werden dürfen, ist der Fokus verständlich, da ca. 36 Prozent des CO2-Ausstoßes in der EU aus der Errichtung und dem Betrieb von Gebäuden stammen. Der Immobiliensektor steht zudem für ca. 40 Prozent des globalen Energieverbrauchs. 75 Prozent der Gebäude in der EU sind heute nicht energieeffizient. Die meisten davon werden voraussichtlich auch in 2050 - dem Jahr, in dem die klimaneutrale Wirtschaft in der Europäischen Union Realität geworden sein soll - noch bestehen. Der auf unserer Branche lastende Verantwortung ist dementsprechend enorm.
Im Rahmen der qualitativen Diskussion zum Thema Nachhaltigkeit verstärkt sich auch die Frage danach, welche Auswirkungen darauf bezogene regulatorische Maßnahmen auf die Preise von Immobilien haben werden.

Durch die am 10. März 2021 in Kraft getretene Offenlegungsvorordnung werden Fonds nach §9, §8 oder §6 Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) eingeteilt. Damit müssen Fondsgesellschaften und Finanzdienstleister die von ihnen vertriebenen Anlageprodukte klassifizieren:

  • „Dunkelgrüne“ Fonds nach §9, die nachhaltige bzw. zukunftsfähige Investitionen tätigen (Impact Fonds)
  • „Hellgrüne“ Fonds nach §8, die ökologische und soziale Aspekte bewerben (ESG Fonds)
  • Sonstige Produkte nach §6

Es besteht zwar derzeit kein regulatorischer Zwang mindestens §8-konforme Anlageprodukte aufzulegen, doch die Nachfrage privater und institutioneller Anleger nach grünen Fonds und Investments wird weiter steigen. Vermutlich werden immer mehr Investoren etwas geringere Renditen für Fonds akzeptieren, die nach §8 oder sogar §9 klassifiziert sind.
Fondsmanager und Immobilienkäufer, die §8 oder §9-konforme Produkte erwerben, können für grüne Investments höhere Preise bezahlen und niedrigere Ankaufsrenditen akzeptieren.
Um den großen Anteil der Bestandsobjekte auf den Weg zur Klimaneutralität zu bringen, werden erhebliche Investitionen erforderlich sein. Diese zu quantifizieren ist eine der großen aktuell anstehenden Herausforderungen für unsere Industrie. Noch fischen viele Marktteilnehmer hier im Trüben, jedoch dürfte es in den nächsten Jahren mehr Klarheit geben.

Auf Immobilienebene ist bereits jetzt zu sehen, dass Objekte, die den Nachhaltigkeitskriterien entsprechen, höhere Preise erzielen als Objekte, die diesem Anspruch nicht genügen. Wenn sich die notwendigen Maßnahmen zur Erzielung der angestrebten Klimakonformität quantifizieren ließen, müssten Preisabschläge für nicht sanierte Gebäude den noch zu tätigenden Investitionen entsprechen.

Solche Anpassung werden vermutlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen, doch es zeichnet sich ab, dass nicht-grüne Objekte in den nächsten Jahren zunehmend mehr Preiskorrekturen erfahren werden. In der Übergangszeit ist aufgrund des weiterhin hohen Kapitaldrucks Vorsicht beim Ankauf geboten, wenn die Preiskorrektur für nicht grüne Immobilien noch nicht eingepreist ist.

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