Wohnimmobilien-Investments im Vergleich: Projektentwicklungen versus Bestand

09/02/2021

Autor

Henning Jürgensen

Henning Jürgensen

Fondsmanager

REVITALIS Investment GmbH

Blogbeitrag

Der Wettbewerb um qualitativ hochwertige Assets mit einem attraktiven Rendite-Risikoprofil sowie die gesteigerten Anforderungen an Nachhaltigkeit lassen Neubauten im Wohnimmobilien-Segment gegenüber Bestandsobjekten als das zeitgemäßere Investment erscheinen. Zu Recht?

Die Covid-19 Pandemie hat uns auf eine bis dato unvorstellbare Art und Weise die Bedeutung der eigenen vier Wände vor Augen geführt und bei vielen Nutzern zu einer Reflexion der eigenen Wohnpräferenzen geführt. Doch nicht nur auf Nutzerebene hat die Wohnimmobilie an rasant steigender Bedeutung gewonnen, sondern auch als Investmentsegment sind jährlich steigende Transaktionszahlen in diesem als sicher geltenden Marktsegment zu verzeichnen. Durch den signifikanten Ausbau der Investments in der Asset-Klasse Wohnen - eingebettet in eine Situation mit kaum geeigneten Anlagealternativen und einem enormen Anlagedruck - gewinnt die Unterscheidung zwischen Projektentwicklungen und Bestandsobjekten bei der Investmentstrategie und Asset Allocation in Zukunft an Bedeutung.

Durch den hohen Konkurrenzkampf um geeignete Objekte haben sich die Renditen für beide Objekttypen angenähert und Investoren wurden zudem gezwungen, immer höhere Risiken zu akzeptieren, um den Anlagedruck zu lindern. Insbesondere das Forward Funding von Projektentwicklung hat sich als ein geeignetes Mittel zur Sicherung von interessanten Immobilien etabliert, wodurch bei qualitativ hochwertigen Assets unter höherer Risikoakzeptanz noch auskömmliche Renditen erzielt werden. Durch die Angleichung des Renditespreads von Neubauten und Bestandsimmobilien sowie die höhere Risikobereitschaft von Investoren gewinnt die Fokussierung auf die Objektqualität zur Erreichung der Renditeziele an enormer Bedeutung.

Während Bestandsimmobilien häufig in historisch gewachsenen Wohnlagen liegen, entstehen Neubauquartiere meist auf neu entwickelten Flächen, welche ihre Qualität als Wohnlage noch nachweisen müssen. Führt man diesen Aspekt mit dem bei Bestandsobjekten vorherrschenden geringeren Mietpreisniveau zusammen, kann die Schlussfolgerung entstehen, dass die Wohnungen für eine breitere Zielgruppe erschwinglicher sowie attraktiver sind und somit theoretisch eine bessere Vermietbarkeit vorliegt. Allerdings muss beachtet werden, dass Bestandsobjekte den Ansprüchen an modernes Wohnen qualitativ nicht entsprechen bzw. nur durch massive Investitionen auf ein den aktuellen Wohnpräferenzen entsprechendes Niveau gehoben werden können. Die Vorteile von Neubauten liegen hier auf der Hand: Die Planung kann die aktuellen Wohnpräferenzen ohne Kompromisse abbilden und soziale Kriterien wie Barrierefreiheit berücksichtigen. Zudem leisten Neubauten aufgrund ihrer energetischen Eigenschaften langfristig einen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele. Aufgrund von gestiegenen Grundstückspreisen und Baukosten entstehen Wohnungsentwicklungen häufig im mittleren bis gehobenen Mietpreissegment. Dies bedeutet, dass hinsichtlich der (Erst-)vermietung und Produktpositionierung die Notwendigkeit einer hohen Expertise, eines leistungsfähigen Netzwerkes sowie eines detaillierten Researchs des Developers sowie des Investors besteht. Die Verbindung von freifinanzierten und geförderten Wohnungen, wie von Kommunen mittlerweile häufig gefordert, stabilisiert das Investment für den Investor und sorgt für eine ausgewogene Mieterstruktur mit reduzierter Fluktuation.

Beiden Objekttypen ist immanent, dass mit einer zunehmenden Regulatorik komplexe Herausforderungen einhergehen. Bei Bestandsobjekten sorgt auch der Gesetzgeber für die Überarbeitung einiger Business Pläne, da aufgrund eines zunehmenden Mieterschutzes Objektpotenziale erschwert gehoben werden können und aufgrund des Klimaschutzes und zur Vermeidung eines Stranded Assets erhebliche Investition in den energetischen Standard notwendig sind. Da der Gesetzgeber jedoch erkannt hat, dass Neubauten wesentlich zur Entspannung von Wohnungsmärkten beitragen, wurden für Projektentwicklungen Ausnahmen eingeräumt, sodass diese beispielsweise nicht der Mietpreisbremse unterliegen. Des Weiteren sind bei Neubauten die perspektivischen Investitionen in den energetischen Standard aufgrund der höheren baulichen Qualität und des besseren Energiestandards geringer.

Das nachstehende, vereinfachte Modell veranschaulicht dabei die preisliche Attraktivität von Neubauimmobilien gegenüber sanierungspflichtigen Bestandsobjekten, deren Mietsteigerungspotenzial durch die gesetzlichen Vorgaben gedeckelt sind:

Fazit

Durch die aktuellen Entwicklungen, sei es die Fokussierung auf ESG-Kriterien oder die Nutzererfahrungen während der Covid-19 Pandemie, stellen Neubauten im Wohnimmobiliensegment für Investoren eine vorteilhafte Anlage dar. Für den Erfolg des Investments ist jedoch eine hohe Expertise, u.a. im Risikomanagement sowie im Research, sowie ein leistungsfähiges Netzwerk notwendig, um die vermeintlichen Nachteile in Vorteile umzumünzen.

Dies ist ein Auszug aus dem FondsBuch 2022.

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