Gesundheitsimmobilien - eine Frage der Demografie

07/04/2022

Autor

Dr. André Scharmanski

Dr. André Scharmanski

Head of Research

Quantum Immobilien Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH

Blogbeitrag

Two thirds of everything can be explained by demographics

Diese Formel des kanadischen Ökonomen David Foot trifft in hohem Maße auch auf die künftige Nachfrage nach Gesundheitsleistungen in Deutschland zu. Die hohe Vorhersehbarkeit von Altersstrukturverschiebungen trägt dazu bei, dass Gesundheitsimmobilien bei institutionellen Investoren hoch im Kurs stehen. Denn im Gegensatz zu anderen Assetklassen ist bei Pflegeeinrichtungen, Ärztehäusern, Krankenhäusern und Rehakliniken die Nachfrage weniger kurzfristigen Markt- und Konjunkturschwankungen unterworfen, sondern hängt in erster Linie von der Demografie ab.

Laut Prognosen wird die Anzahl der über 65-Jährigen bis 2060 um rund 32 Prozent zunehmen. Gerade mit der Alterung der geburtenstarken Babyboomer-Generation wird der Bedarf an stationären und ambulanten Pflegeangeboten deutlich wachsen. Quantum Research geht deutschlandweit von rund 480.000 zusätzlich benötigten Pflegeplätzen bis 2040 aus. Die zur Deckung der steigenden Nachfrage benötigten Neuinvestitionen und Investitionen zur Substanzerhaltung bestehender Einrichtungen sind ohne privates Kapital nicht zu bewältigen.

Dabei spielen v.a. private Betreiber (rd. 43 Prozent Marktanteil), deren Geschäfts- und Wachstumsmodell auf die Trennung von Betriebs- und Immobiliengesellschaften setzt, eine entscheidende Rolle. Dieses sog. OpCo/PropCo-Modell ist ein wesentlicher Grund, warum Pflegeheime trotz einer Vielzahl föderaler Regularien sowohl für die Immobilie als auch für den Betrieb (u.a. Vorgaben zu Zimmergrößen) den größten Anteil am Marktvolumen der Gesundheitsimmobilien ausmachen. Die größte Herausforderung ist und bleibt aber die Lösung des Personalproblems in der Pflege – momentan der Flaschenhals für Betreiber bei der Eröffnung von neuen Standorten und damit die größte Bremse für ein schnelleres Wachstum.

Um die Bedarfslücke zu schließen, werden perspektivisch alternative Wohnpflegeangebote und kombinierte Einrichtungen mit Betreutem Wohnen, Tages- und Kurzzeitpflege sowie ambulant betreute Wohngemeinschaften weiter an Relevanz gewinnen. Das wird definitiv dazu führen, dass sich auch die Immobilieninfrastruktur im Gesundheitswesen ganz wesentlich verändern wird. Denn die heute bestehenden Grenzen zwischen ambulantem und stationärem Sektor müssen nicht nur bei der Leistungserbringung überwunden werden, sondern auch auf ihrer „Werkbank“ – der Immobilie.

Das betrifft auch den Markt für ambulante Medizin, der sich auf einem klaren Wachstumspfad befindet. Dies begründet sich zum einen im medizinisch-technischen Fortschritt und in modernen Behandlungskonzepten, die immer häufiger stationäre Aufenthalte überflüssig machen oder verkürzen können. Zum anderen ist die ambulante Behandlung von Patienten wesentlich kosteneffizienter. Experten schätzen, dass rund 20 Prozent der stationären Fälle auch ambulant behandelt werden könnten. Im angelsächsischen Raum sind Ärztehäuser oder auch Facharztzentren als sogenannte Medical Office Buildings bereits fester Bestandteil der Assetklasse Gesundheitsimmobilie. Auch in Deutschland erfahren diese Immobilien gerade durch den Vormarsch Medizinischer Versorgungszentren (MVZs) und die fortschreitende Konsolidierung im ambulanten Bereich eine immer stärkere Etablierung als institutionelle Anlageklasse. Das gilt auch dank der leichten OpCo/PropCo-Trennung für Reha-Einrichtungen, deren Angebot allerdings stark beschränkt ist. Krankenhausimmobilien nehmen dagegen bislang nur eine Nischenposition ein, da Investitionen in diesem Segment durch die duale Finanzierung sowie den großen Instandhaltungs- und Modernisierungsstau gehemmt werden.

Auch die hohe Attraktivität und Resilienz von Investments in Gesundheitsimmobilien lässt sich mindestens zu zwei Drittel durch die Demografie erklären. Auf dem Weg zu einer modernen, zeitgemäßen und zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung spielt aber nicht zuletzt die Immobilie eine entscheidende Rolle.

Event zum Thema

HealthCareDay

Der HealthCareDay ist die Konferenz zu institutionellen Investitionen in Gesundheitsimmobilien.

weitere Informationen

Werden Sie FondsNews-Leser!

Fachartikel, Informationen und Nachrichten der institutionellen Immobilienwirtschaft.

FondsNews

Beitrag teilen

Soziale Netzwerke