Nahversorger – von der Nische zum Core-Produkt

03/10/2022

Autor

Dirk Hoenig-Ohnsorg

Dirk Hoenig-Ohnsorg

Managing Director

Head of Retail Investment

Colliers International Deutschland GmbH

Blogbeitrag

Mit über 4 Milliarden Euro Transaktionsvolumen wurde 2021 ein neuer Rekordwert beim Handel mit lebensmittelgeankerten Einzelhandelsimmobilien in Deutschland erzielt. Damit floss erstmals jeder zweite Euro, der für Einzelhandelsobjekte aller Art ausgegeben wurde, in Nahversorger und verwies großvolumige Betriebstypen wie innerstädtische Geschäfts- und Warenhäuser, Shoppingcenter oder non-food Fachmärkte bzw. Fachmarktzentren auf die Plätze.

Vor allem reine Lebensmittel-Fachmärkte wie Discounter, Supermärkte und SB-Warenhäuser sind die Treiber hinter diesem Trend. Aber auch bei Fachmarktzentren mit einem oder gleich mehreren Nahversorgern als Ankermieter ist ein erheblicher Bedeutungszuwachs erkennbar (s. Graphik). Als Erklärung für dieses starke Wachstum greift die Tatsache, dass der resiliente Lebensmitteleinzelhandel ohne große lockdown-bedingte Einschränkungen in den letzten zwei Jahren eine Sonderkonjunktur erlebte und daher stärker in den Fokus risikoaverser Anleger rückte, zu kurz . Vielmehr deutet der seit 2016 zu beobachtende kontinuierliche Aufwärtstrend auf die nachhaltige Attraktivität des Marktsegmentes hin, die sich im Wesentlichen auf drei Gründe stützt.

1. Attraktive Produktvielfalt und begrenzte Angebotsausweitung

Mit rund 38.000 dezentral und auf verschiedene Betriebsformen verteilte Verkaufsstellen ergibt sich für Investoren ein Diversifikationspotenzial, das es in dieser Ausprägung lediglich im Wohnsegment gibt. Gleichzeitig wird die Angebotsausweitung seit Jahren durch ein restriktives Baurecht eingeschränkt. Die Sicherung von bereits erschlossenen Grundstücken, die idealerweise ein Nachverdichtungspotenzial bieten, ist zu einem wesentlichen Treiber der Transaktionstätigkeit geworden. Bestehende Baurechte haben sich zu einem entscheidenden werttreibenden Faktor entwickelt. Ansässige Händler schließen längere Mietverträge ab, um sich auf lange Sicht den Standort zu sichern - auch aufgrund der verschärften Konkurrenzsituation zwischen den am deutschen Markt verbliebenen Einzelhändlern (Punkt 2).

2. Konsolidierte Einzelhandelslandschaft

Mit dem Verkauf und der Aufteilung der unrentablen SB-Warenhauskette Real auf die bestehenden Wettbewerber ist der Konsolidierungsprozess im deutschen Einzelhandelsmarkt vorerst abgeschlossen. Das verbleibende leistungsstarke Einzelhandelsoligopol investiert seit Jahren in sein Immobilienportfolio und reagiert damit auf das veränderte Verbraucherverhalten.

3. Resilienz gegenüber Online-Handel

Selbst am Ende des ersten Corona-Jahres 2020, in dem der Online-Lebensmittelhandel einen Wachstumsschub von 57 Prozent gegenüber dem Vorjahr erlebte, betrug das Volumen nur 4,1 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anteil von 2 Prozent am gesamten Lebensmittelumsatz.
Auch wenn der aus diesen Gründen resultierende Nachfrageüberhang weiter zu erhöhtem Preisdruck und fallenden Renditen führt, erbringen Lebensmittel-Fachmärkte mit Spitzenrenditen von mittlerweile unter 4 Prozent eine weiterhin attraktive Rendite, die nur von deutlich risikoreicheren Investments wie Büros in B- und C-Städten oder Shopping Centern in der Höhe übertroffen werden. Die Kompression von rund 50 Basispunkten bei Nahversorgungsinvestments 2021 könnte 2022 die Verkaufsentscheidung von Bestandshaltern erleichtern und wiederum zu einer Dynamisierung des knappen Angebots führen. Bewegung in den Markt könnten auch Sale and Leaseback-Transaktionen seitens der Handelshäuser führen, die im Ausland schon vermehrt zu beobachten sind.

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Die Konferenz für institutionelle Immobilieninvestitionen in Nahversorgungszentren und Lebensmittelmärkte in Deutschland. Referenten halten Vorträge und beteiligen sich an Expertendiskussionen zu Immobilienmarktentwicklungen in der Nahversorgung, Erfolgsfaktoren zukünftiger Lebensmittelanbieter, ESG-konformen Betriebsmöglichkeiten von Lebensmittelimmobilien oder den Chancen und Risiken deutscher Retailsegmente aus Investorensicht.

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